Zeit-los

Zeit-los verabschiedete sich der Mai. Am Morgen wuselte der Igel durch den Garten. Sie müsste ihm mal folgen, um herauszufinden, wo er sein Zuhause im Garten hatte.

Der Kuckuck rief sie hinaus ins Moor. Die Hollezeit hatte begonnen. Der Holunder begann zu blühen. Frau Holle zog ihr weißes Kleid an und feierte die Hochzeit mit dem grünen Mann.

An diesem Morgen tauchte Blaue Feder in die Nebel. Wenn nicht der Weißdorn am Wegesrand blühen würde, könnte sie meinen, es wäre ein November-Tag.

Das Land war in die Nebel getaucht.

Ein Rehbock und eine Ricke schauten neugierig, wer sich am Morgen in den Nebel traute.

Ein Vogel sang und dann sah Blaue Feder, dass sie durch einen Licht-Bogen gelaufen war.

Es war wie ein Tor. Sie fühlte sich wie aus der Zeit gefallen. Die Weberinnen hatten Netze gesponnen, wie im Altweibersommer.

Im Birkenwald, sah sie das Birkenmädchen tanzen.

‚Es liegt an Dir, dass Du uns uns nicht siehst. Einst hast Du darum gebeten, dass wir uns Dir nicht zeigen. Kannst Du Dich erinnern? Deshalb zeigen wir uns Dir anders.‘

Das stimmte, Blaue Feder hatte darum gebeten die Naturwesen nicht zu sehen, aus Angst sich in den anderen Welten zu verlieren. Und doch machten sie immer wieder auf sich aufmerksam.

Blaue Feder begrüßte die alte Hasel, deren Baumgeist, eine neuen Wohnsitz in den jüngeren Haseln gefunden hatte, die um ihn herum gestanden hatten. Sein Baumstumpf schlug schon wieder aus.

Auch das Moor war mit Zaubergarn übersponnen.

Die Sonne kam langsam heraus und der Nebel löste sich auf. Sie tauchte in das golden Licht des Königsfarn. Sie sah vor ihrem inneren Auge einen Pan-Elf, etwa so groß, wie sie selbst. Er trug eine Hose aus Blättern. Er lachte sie an und fragte:

‚Hast Du immer noch Angst vor mir?‘

Sie war ihm schon einmal bei der der Alten Holler begegnet, allerdings zeigte er sich damals im Miniformat, wohlmöglich, damit sich Blaue Feder an seinen Anblick gewöhnte. Angst hatte sie nicht mehr.

‚Genießt Du dein Leben?‘

Naja, geht so, dachte Blaue Feder bei sich.

‚Genieß Dein Leben mit allen Sinnen.‘

Die Betonung des Satzes lag auf allen Sinnen. Dann löste sich das Bild des Pan-Elfs auf und ein Libelle flog aus dem Busch.

Blaue Feder besuchte noch die Trauerseeschwalben, die wieder da waren. Sie zählte fünf Paare und freute sich. Auch die Teichmummeln streckten wieder ihre Köpfchen aus den Seerosenteichen.

Sie traf den Winter- wie Sommerläufer, der wie sie das Allein-Sein suchte und den Nebel liebte. Er wohnte in dem Haus mit den vielen bunten Flaggen. Sie hatte nicht darauf geachtet, in welches Land sie getaucht war. Es war wohl ein Land jenseits der Zeit.

Sie setzte sich an den großen Mondsee. Sie erinnerte sich, dass sie gerne noch einmal in das mythische Dorf hatte reisen wollen. Da hörte sie die 1000 Silbernen Glöckchen läuten und ihr wurde klar, es war immer da. Vermutlich lebte sie bereits in diesem Dorf. Es war da und sichtbar, wenn sie ihr Herz öffnete. Alles war wohl gleichzeitig da und es lag an ihr, welche Frequenz sie auf ihrem Radiosender einstellte.

An der ehemaligen Klärgrube bewunderte sie den Ganter mit seiner Familie. Ihr war noch nie aufgefallen, wie schön die Ganter der Graugänse waren. Achtsam passte er auf seine Familie auf.

Als Blaue Feder zurück in ihr Dorf kam, sah sie den Pan-Elf in der Dorf-Eiche sitzen. Sie musste lachen. Er winkte ihr zu und sie winkte zurück.

7 Kommentare zu „Zeit-los

    1. Moin liebe Sigrid, war gestern den ganzen Tag im Garten. Langsam wächst er, zusammen mit mir. Habe immer soviel zu lernen. Lerne wie ich Ableger von Beerensträuchern machen kann und muss lauter Tees trinken, um die Wirkung der Kräuter zu erfahren. Gestern war die Zitronenmelisse dran – ein wahres Herzenskraut. Eigentlich möchte ich der Kunst mehr Raum geben, doch noch ruft der Garten viel und die Naturwesen. Hab ein schönes Wochenende. Herzensgrüße Susanne

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    1. Liebe Almuth, bin wohl ein bisschen aus der Zeit gefallen. Der Rundgang war sehr anregend. War heute Nacht im Traum wieder dort unterwegs, besonders an den Stellen, wo soviel abgeholzt wurde. Habe vielleicht eine Idee, was ich dem Platz Gutes tun kann. Herzensgrüße Susanne

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