Die Leuchtende

Am Morgen wurde Blaue Feder von leuchtenden Krokusse und tanzenden Schneeglöckchen begrüßt. Langsam wurden die Tage heller. In Irland wurde dieser Tage ein Fest gefeiert zu Ehren von St. Brigid. Sie erweckt das Feuer der Lebens wieder. Brigid war eine Göttin mit vielen Gaben. Sie war sowohl mit dem Feuer, wie auch mit dem Wasser verbunden. Es war Brauch die alten Brigid-Kreuze zu verbrennen und aus Binsen neue zu flechten. In ihre Kreuze wurden Wünsche um Schutz und Wohlergehen für Hof, Menschen und Tiere gewebt für das kommende Jahr. Manchmal wurde auch eine kleine Puppe aus Binsen geflochten, die Brigid in ihrem grünen Kleid darstellte.

Sich mit Brigid zu verbinden, wurde eine Kerze angezündet oder kleine Lichtschiffchen mit Kerzen und Wünschen ins Wasser gesetzt. Es wurde sich nicht nur am 2. Februar mit der Brigid-Kraft verbunden, die für die Flamme der Inspiration stand. Sie war ebenso Muse für Künstler, Dichter und aller Kreativen dieser Erde. Um Visionen zu empfangen, schaute ‚man‘ oder ‚frau‘ in die Flammen des Feuers oder in einen Kessel mit Wasser. Sie wurde auch die Zweigesichtige genannt, dann war eine Seite ihres Gesichtes dunkel und hässlich, die andere hell und schön. So symbolisiert sie auch den Übergang zwischen Winter und Frühling. Sie wurde auch als Göttin der Küsten verehrt, auf der Schwelle zwischen Land und Meer. Sie half den Menschen in den Übergängen ihres Lebens und sie wachte an Übergangsorten wie Türen und Toren.

Dieses Jahr verbrannte Blaue Feder ihre alten Brigid-Kreuze und webte ein anderes Kreuz, es wurde das Auge des Druiden genannt. Sie hatte noch von einem wilden Apfelbaum im Moor einen Zweig. Den nahm sie als Kreuz und Runde für Runde flocht sie bunte Wolle drumherum. Das war wie eine Meditation. Sie flocht ein kleines Druiden Auge. Während sie die Fäden immer im Kreis webte, spürte sie, es war ein Schutz-Amulett, wie die Brigid-Kreuze. Es erinnerte sie an Fatimas Auge und an die Stille im Auge des Sturmes.

Sie war zufrieden mit ihrem kleinem Werk und legte es auf ihren Altar. Sie konnte sich vorstellen, auch ein größeres Kreuz mit ihrem Brennnesselgarn zu weben. Dieses Projekt gestaltete sich etwas schwieriger und gehörte wohl zu einer anderen Geschichte.

Eine Kollegin empfing sie die Woche freudig mit den Worten: ‚Ich habe von Dir geträumt!‘ Sie hatte von der Blauen Feder geträumt, die oft blaue Kleider trug und nun in rot leuchtete. Die Kollegin fragte Blaue Feder im Traum, ob die Blaue Phase vorbei sei und sie hatte wohl im Traum geantwortet: ‚Ich leuchte!‘

Um dieses innere Leuchten ging es bei Brigid. Sie war die Leuchtende. Einst hatte Blaue Feder vom Birkenmädchen erzählt. Brigid wurde in den leuchtenden Birken verehrt. Sie gehörte in den Kreis der jungfräulichen Göttinnen, wie auch Artemis.

Ab und an sah man Blaue Feder wieder durch ihren Garten streifen mit der Nase im Wind. Sie schaute, welche Pflanzen schon ihre Köpfchen aus der Erde reckten. Ein paar Brennnesselspitzen landeten schon in ihrer Suppe und sie hatte große Lust wieder ihre Hände tief in Mutter Erde zu stecken. Sie fing an das Astwerk des vergangenen Jahres zu häckseln, damit sie an den Kompost rankam. Diesen wollte sie sieben, um Muttererde zu gewinnen. Sie erträumte sich ihren Garten und spann vor sich hin, wo sie etwas Pflanzen wollte. Neue Hochbeete wollte sie anlegen und sie gönnte sich zwei Anzuchtbeete. Im vergangenen Jahr war nicht viel Gemüse in ihrem Garten gewachsen – ’nur‘ Bohnen und die wilden Kräuter, die von alleine wuchsen. Dieses Jahr holte sie sich ein bisschen gartenakademische Unterstützung. Sie sammelt ihre Samentüten ein und machte sich schlau, welche Pflanzen Kalt-Samer oder Warm-Samer waren. Dabei wurde ihr schon deutlich, was sie im vergangenen Jahr falsch gemacht hatte. So schmiedete sie ihre Garten-Pläne.

Ab und an trank sie ihren Hamamelis-Tee, um sich mit ihrem inneren Feuer zu verbinden. Am vergangenen Wochenende hatte sich Besuch angekündigt und sie heizten die Küche ein. Brigid war auch die Hüterin des Herdfeuers. Der Besuch fuhr nach dem gemeinsamen Frühstück weiter und in der Küche war es muckelig warm. Draußen tobte mal wieder ein Sturm und die Wilde Hilde pfiff durch den Kamin.

Das Seminar mit Cambra Skadé stand bevor. Die Teilnehmer sollten Materialien vorbereiten, um ein Medizin-Buch zu gestalten. Blaue Feder fiel eine Kiste ein, die schon länger in ihrem Zeichenschrank lag. Der Alte Vater hatte sie ihr geschenkt. Sie sah aus, wie ein Buch mit einem Ledereinband und darauf waren zwei Engel abgebildet. Blaue Feder überlegte, wie sie Seiten in das Buch bekam und entschied sich lose Blätter hineinzulegen. Dann lachten sie bemalte Seidenstoffe an und schon war sie mittendrin. Sie holte sich Kleber und beklebte Zeichenkarton mit farbigen Seidenstoffen. Die erste Karte gefiel ihr bereits sehr, weil allein die Farben und Muster des Stoffes sie allerhand sehen ließen.

Sie sah zwei große Blaue Gestalten, die ihr Herz berührten und klebte ein goldenes Lama dazu. Nach und nach versah sie 13 Karten mit ihren Seidenstoffen. Dann holte sie sich ein paar alte Zeitungen. Der Alte Vater las immer den National Geographic. Darin waren schöne Bilder zu finden. Sie blätterte durch die Zeitungen und was sie ansprach, wurde ausgeschnitten. Sie hörte erst auf, als alle Karten mit einem Tier oder etwas anderem versehen waren und das Holz heruntergebrannt war. Die leuchtenden Karten muteten an, wie Medizin-Gaben.

Sie umnähte sie mit goldenem Garn. Nun hatte das Seminar noch nicht stattgefunden und sie war schon fertig mit ihrem Buch der Engel. War es so? Wer weiß, vielleicht stimmte sie sich während des Seminars auf ihre Karten ein, schrieb Texte oder es passierte noch etwas Unvorhergesehenes. Ihr gefielen die bunten Karten und sie hatte lange nicht mehr an einem Stück so konzentriert vor sich hin gewerkelt.

Mit Brigid kam Bewegung in die Bude und es passierte noch mehr Unvorhergesehenes. Doch davon erzählte Blaue Feder ein anderes Mal.

Spannend war, dass dieser Tage ein grün leuchtender Komet am Himmel zu sehen war, grün wie das Kleid der Brigid. Schon seit über 50 000 Jahren zog er seine Kreise. Auch wenn sie ihn hinter den Wolken nicht sehen konnte, konnte sie sich im Herzen mit seinem grünen Licht verbinden und lauschen, was er zu erzählen hatte, der Leuchtende.

4 Kommentare zu „Die Leuchtende

  1. hallo liebe susanne!

    wie immer: schöne geschichte und erzählungen und gedanken!
    dankeschön für´s teilen!

    hab mir deine karten mal angeschaut.
    am meisten sprechen mich die mit dem papageientaucher an – und die
    daneben mit der krähe.
    feine kunstwerke!

    angenehmes wochenende für dich und deine lieben!
    aljoscha
    .

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    1. Lieber Aljoscha, danke für das aufmerksame Lesen und Anschauen. Die Karte mit der Krähe war mir auch gleich sehr vertraut. Einen Zugang zu dem Papageientaucher fand ich ganz zuletzt. Vielleicht magst Du sagen, was er in Dir anspricht- nur , wenn Du magst. Ich bin dies Wochenende noch einmal tiefer getaucht mit den Karten. Vielleicht erzähle ich mal davon. Nun heul ich mal den Vollmond an. Wünsche Dir noch einen schönen Abend und eine gute Woche, Susanne

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  2. moin moin, liebe susanne!
    papageientaucher find ich einfach klasse!
    wie gaaanz viele andere tierarten auch 😉

    papageientaucher sehen sehr schön aus. ihren flugstil bewundere ich,
    ihre fähigkeit, so viele kleine fische gleichzeitig im schnabel halten zu können: respekt!
    ihre bruthöhlen sind gemütlich und das leben in großen kolonien auf teils wilden klippen und
    an steilhängen ist einfach romantisch und sooo schön anzusehen!

    dieses gelb und zimtfarbene, das du bei dieser karte gewählt hast,
    erinnert mich an narrenkostüme an königshöfen und die mit dem heiligen narren
    verbundene fähigkeit, wahrheit kundzutun, den spiegel vorzuhalten und
    gleichzeitig durch die narrenrolle geschützt zu sein, außerhalb der konventionen
    zu stehen.

    das du die farben auf dieser karte nicht jeweils zur hälfte benutzt hast,
    sondern ein kleines übergewicht auf der gelben hälfte besteht,
    ergibt für mich eine angenehme schräglage in der symetrie.
    das wirkt so stimmiger.

    aber das sind nur einfach gedanken, ich möchte dem keine zu große bedeutung
    beimessen. das ist für mich eher so etwas wie spielen…

    und deine gedanken- und assoziationsspiele gehen vermutlich in ganz
    andere richtungen – wie bei allen anderen leuten auch…

    have a nice day!
    aljoscha
    .

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