Frau Holle weiß Rat

Frau Holle hatte den Schwalbenhof und das Land drumherum in Schnee gehüllt. Blaue Feder und Brauner Bär waren am Abend spät heimgekommen. Sobald es Schnee gab, bekam die Nordbahn Schwierigkeiten. Der letzte Bus war weg und sie warteten gemeinsam mit anderen eine gute Dreiviertelstunde auf ein Taxi. Blaue Feder war es gewohnt, weil sie stets mit Bus und Bahn unterwegs war. Sie merkte Brauner Bär an, wie er immer ungeduldiger wurde, hatte er noch nichts gegessen. Für einen Stier-Geborenen ein No-Go! Sie selbst war von der Arbeitswoche auch fix und fertig. Sie hatte gehofft ihr ‚Brot-Job-Thema‘ noch in diesem Jahr abschließen zu können, aber der Vorstand ihrer Stiftung machte ihr einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Damit hatte sie nicht gerechnet und das Lachen verging ihr schlagartig. Sie hatte den Eindruck ihre Aura war von den unschönen Auseinandersetzungen wie zerdellt. Sie weinte sich in den Schlaf und bat um Rat und Hilfe. Zum Glück hatte sie noch ein paar Urlaubstage und so reichte sie erst einmal ihren restlichen Urlaub ein.

Brauner Bär meinte zu dem Thema:

‚Sie machen es Dir leicht, zu gehen.‘

So konnte man es auch sehen.

Am Morgen lachte sie der Schnee an. Sie brachte Brauner Bär zur Bushaltestelle und machte sich auf zur alten Holler. Vielleicht hatte sie einen Rat. Frau Hollle hatte ordentlich die Betten ausgeschüttelt und Holler ihr Gemeindearbeiter, hatte sichtlich Spaß dabei, mit seinem Allrad-Schneeschieber durch das Dorf zu fegen und laut Weihnachtsmusik dabei zu hören.

Am Orstausgang begrüßte sie ein ‚Katzenadler‘ und riet Blaue Feder erst einmal Abstand zu nehmen und sich das Ganze aus einer höheren Pespektive anzuschauen. Sie begrüßte die Wollsammler in ihrem dicken Winterfell und sie fragten, ob nicht vielleicht doch ein dickes Fell helfen würde.

Sie wurde von rund-aufgeplusterten Federbällen, wie Rotkehlchen und Meisen begleitet. Der Schnee knarzte unter ihren Winterstiefeln – oh, wie sie das liebte. Sie hörte einen Buntspecht trommeln und tauchte in den Rhytmus seiner Trommel und hinein in die Elemente.

Sie spürte, sie wurde liebevoll begleitet. Überall, wo sie hinschaute, lachten sie die Naturgeister in ihren ausgefallenen Schneeroben aufmunternd an.

Sie folgte den Spuren von Reh und Schneehase und kam zur alten Holler. Diese tröstete Blaue Feder und sagte:

‚Auch wenn es sich grad nicht so für Dich anfühlt, hast Du genug getan. Lasse jetzt los und tauche nach Innen.‘

Blaue Feder fühlte sich angenommen und beruhigt. Sie bedankte sich und hatte das Gefühl, sie musste nicht sofort alles verstehen. Als sie die Augen öffnete, tanzte ein vereister Spinnfaden direkt vor ihrer Nase.

Eine Spindelbaumblüte gab ihr den Rat :

Spinne Deinen eigenen Faden.

Die Blauhäher riefen sie auf den Fuchsberg. Sie ging die 9 Stufen hinauf und spürte im Gebüsch eine Präsenz. Dann sah sie den schwarzen Kormoran. Es war ungewöhnlich ihn weit entfernt vom Wasser hier am Fuchsberg anzutreffen. Er hatte wohl Zuflucht gesucht vor dem Schnee.

Als sie den schwarzen Vogel im weißen Schnee betrachtete, spürte sie ein unbekanntes Gefühl in sich aufsteigen. Noch konnte sie es nicht in Worte fassen. Sie wusste nur, die Dinge, die ihr grad passierten, machten irgendwie Sinn, auch wenn es weh tat und sie es noch nicht verstand.

Sie kam bei den Sieben Pappelschwestern vorbei und langsam wurde ihr Herz leichter.

Auf dem Weg zum alten Weißdorn begrüßte sie lautstark ein Trupp Silberreiher. Die weißen Silberreiher im weißen Schnee zu sehen, war wunderbar und zutiefst berührend. Sie vermutete, es waren sieben an der Zahl, wie ihre geliebten Sieben Schwestern. Ein Silberreiher blieb die ganze Zeit in ihrer Nähe sitzen und tauchte mit ihr in die Stille. Blaue Feder gab sich hin und löste sich auf, wie der Silberreiher weiß in weiß und wurde wieder eins mit sich und der Natur.

Sie grüßte kurz die alte Heilerin vom Weißdorn hinter dem neuem Gartentor. Sie musste immer Grinsen, wenn sie dieses Gartentor sah, dass den Zugang zu ihrem wilden Wald nicht wirklich versperrte.

Weiß in weiß tauchte sie wieder in die Einheit. Es hatte die ganze Zeit weitergeschneit und sie sah selbst aus, wie eine Schneefrau. Ihr hatte die Runde richtig gut getan und ihre Aura war nach diesem Spaziergang wieder ausgebeult, rund und schön, wie der Adventskranz, der an einem Haus leuchtete und der Ringzauber wirkte weiter

Brauner Bär hatte ihren gestohlenen Wagen abgemeldet, Frühstück organisiert und einen Leihwagen. Damit fuhren sie einkaufen. Blaue Feder kaufte sich kein dickes Fell, aber einen kuschelig-leichten und schäfchen-warmen Lieperlingswintermantel für wenig Geld. Den wollte sie am liebsten garnicht mehr ausziehen. Doch, als sich die Schwalbenhofbewohner vor ihrem Feuer versammelten, zog sie den Wintermantel doch lieber aus. Passend zum Schnee begann sie ein neues Buch zu lesen. Es hieß ‚Der Gesang des Eises‘ und war von Annabelle Wimmer Bakic.Was sie las, passte auf wundersame Weise sehr zu ihrem Thema und ihr Herz hüpfte. Sie spürte einen neuen Faden, der ihren Blick ganz sanft in eine neue Richtung lenkte und das Lächeln in ihrem Gesicht kehrte langsam zurück.

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