Die Kunst war wohl ganz ins Jetzt zu tauchen.
Blaue Feder nahm ihren Hollerstock mit ins Atelier. Noch schien die Sonne, doch bald schon fing es wieder an Bindfäden zu regnen. Sie brühte sich einen Wurzeltee aus Salomonsiegel und zündete sich ein paar Kerzen an. Sie hatte den Eindruck, die Essenz der Salmonsiegel-Wurzel durchströmte alle Lichterbahnen ihres Körpers und besonders durchwirkte sie ihre verknoteten Knie. Sie ließ sie einfach wirken.

Sie hatte vor Kurzem einem schönen Impuls von Sabine Treeß gelauscht. Sie erzählte ihre Geschichte, wie sie zu den Bäumen gefunden hatte und gestaltete dazu einen ‚Baum-Geschichten-Stock‘. Wir haben alle unsere ureigene Geschichte mit den Bäumen. Vielleicht gab es einen Baum in Deiner Kindheit oder hat Dich zu anderen Zeiten ein Baum begleitet?
Die Bäume hatten Blaue Feder im Laufe des Jahres ein paar Stöcke mit auf den Weg gegeben. Schon länger hatte sie einen ihrer Stöcke gestalten wollen. Nun hatte sie mit dem Wind einen Holler-Stock gefunden, auf dem sie auch ihr kleines Rehgeweih anbringen konnte, das sie auf ihrer Reise mit den Bäumen im Auenwald gefunden hatte.

Sie lies sich von ihrem Stock führen und folgte den Impulsen, die ihr kamen.
Als sie bei ‚ihren‘ Kräuterweiden war, die sie so nannte, weil in jeder Weide ein anderes Kraut wuchs, erinnerte sich Blaue Feder, wie sie als Kind oft unter den Trauerweiden am Kanal gespielt hatte. Mondengleich fing sie an, den unteren Teil ihres Stabes mit silberner Farbe zu bemalen. Ihre Weiden hatten ihr ein paar Blätter als Vorlage mitgegeben. So malte sie das untere Ende ihres Stockes silbern mit grünen Weidenblättern. Gleich in der Nähe des Ortes, wo sie aufgewachsen war, gab es ein Quartier für die Schwäne, die dort im Winter von der Alster eingesammelt wurden. Das war immer ein großes Spektakel. Dort, wo der Stock abgebrochen war, legte sie auf die Wunde Schwanenflaum-Federn. Mit einem grünen Kuss, einem grünen Knopf, versah sie das untere Ende.


Dann tauchte sie weiß-schwarz in die Birkenwälder Finnlands, die sie als pubertierendes Mädchen faszinierend fand. Als junge Frau besuchte sie immer mal wieder ihre Lieblingsbirke im Büsenbachtal in der Nordheide, saß dort und malte. Auch im Tal der BroklandSau tauchte sie gerne in die Weite der Birkenwälder.


Als sie dem Hirsch begegnete, malte sie das Holz rot an. Nun wurde sie zur Frau. Es war eine kreative Zeit, als sie das Du entdeckte. Eine Rotbuche spielte in dieser Zeit eine wichtige Rolle und entlockte ihr ein paar Gedichte. Sie schrieb zarte Geschichten, um sich dann wieder lange Zeit in Schweigen zu hüllen. Die Rotbuchen-Zeit war eine Zeit der vielen Möglichkeiten und brachte viele kreative Blüten hervor. Hier vor Ort hatte sie im Gieselautal eine alte Wurzelbuche gefunden, die eine wunderbare Geschichten-Erzählerin war, ihre Freundin und Patin zugleich.


Dann folgte eine lange Zeit der Herzensbildung. Blaue Feder tauchte mehr und mehr ins Jetzt. Herzförmige, goldene Lindenblätter schmiegten sich an den Stab, umwickelt mit heilenden grünen Fäden. Die Linden-Zeit bekam einen großen Platz auf ihrem Stab, so wie Blaue Feder dieses Jahr die heilsamen Linden für sich wiederentdeckt hatte; allen voran die wunderbare Fünffinger-Linde im sagenumwobenen Riesewohld.


Im wilden Wald beim Alten Weißdorn fand Blaue Feder nach langer, langer Zeit ihre Worte wieder. Der wilde Wald verändert Dich. Überleg es Dir gut, bevor Du in den wilden Wald gehst. Du wirst nach einer gewissen Zeit nicht mehr die Alte sein.


Im Moor begegnete sie der alten Moormutter, der schwarzen Moor-Eiche und im Dorf ihrer Schwester der Alten Dorf-Eiche. Ein Zahn der BroklandSau erinnerte sie an ihre wilde Sauenkraft. Mit dem Tigerauge beobachtet sie alles wachsam, denn das Tigerauge sieht alles und entscheidet sich immer für die Freiheit.


Ein paar Drachenknöpfe fanden ihren Platz. Sie erinnerten sie an die Drachenbäume, die alten Kiefern am Ufer des Meeres der Zeit. Blaue Feder war im Jahr des Drachens geboren – ein Drachenkind also, das in diesem Jahr das Fliegen lernen sollte.


Am Ende ließ sie den Stock, den Hollerstock sein, der er war. Eulenfedern schmückten seinen Schaft und eine Wurzel vom Salomonsiegel.


König Salomon soll einen Siegelring getragen haben, der, so hieß es, aus dem Paradies stammte. Salomon war wohl ein weiser Mann, der die Zauberkraft dieser Wurzel benutzte, um für den Bau eines Tempels Felsen zu sprengen. Seinen Namen verdankt das Salomonssiegel der Form seiner Rhizome, die wie Siegel aussehen. Jedes Jahr bildet ein Rhizom einen neuen Spross, von dem der Stengel austreibt. Im Herbst stirbt der Stengel, bricht von dem Rhizom ab und hinterlässt eine kreisförmige Narbe, die wie ein Siegel ausschaut.

Der volkstümliche Name Weißwurz stammt wie soll es anders sein, von der weißen Wurzel her. Der Name ‚Polygonatum‘ stammt mal wieder aus Griechenland. ‚Poly‘ heißt viele und ‚gony‘ Gelenk oder Knie und beschreibt damit die knotigen Glieder des Wurzelstocks. Wegen ihrer interessanten Form war die Wurzel des Salomonssiegels ein beliebter Talisman. Für die Nordamerikanischen Indianer gehörte das Salomonssiegel zur Gruppe der Wolfsmedizin. So darf der Salomonsiegel am Stocke einer Wolfsfrau wohl nicht fehlen.

Als Blaue Feder den Stock gestaltete, kamen hier und dort ein paar Erinnerungen angeflogen.
Vermutlich würde der Stock seine wahre Kraft erst mit der Zeit zeigen. Auf ihrem Walk mit dem Wind, bekam sie schon einen kleinen Eindruck. Vielleicht wäre der Schmuck nicht von Nöten gewesen, aber er gefiel ihr und beim Gestalten wurden die Erinnerungen deutlicher. Auch schien ihr die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt.
Bist Du vielleicht ein Erinner-Stab? – Vielleicht würde sie im Mondenschein mit dem Stocke tanzen und vielleicht würde sie im Mondenschein mehr von ihm erfahren?
Blaue Feder wünscht Dir eine schöne Vollmond-Zeit.
Wer gerne tiefer tauchen möchte in die Kraft der Bäume und vielleicht mit ihnen durch das Jahr reisen möchte, wie die Blaue Feder es tat, dem konnte sie den Kurs ‚Kraft der Bäume‚ von Sabine Treeß ans Herz legen.
Sabine Treeß https://aufdemweg.de/die-kraft-der-baeume
Was für ein zauberhafter Geschichten stab, liebe Susanne ❣️
Herzliche Grüße
Ulli
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Danke liebe Ulli, vielleicht ein Zauberstab? Ich glaub, ganz fertig ist er noch nicht. Die Walnuss hat heute Nacht an mein Fenster geklopft. Es würde noch die Musik fehlen.- Jetzt muss ich aber erst einmal zur Arbeit. Hab einen schönen Tag in Deinem neuen Zuhause. Liebe Grüße, Susanne
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Liebe Susanne, danke für deinen Text. Ich habe grad ein bisschen Zeit- die Grosse bei den Grosseltern, die Kleine schläft… und ich denke an „meine Bäume“. 💕
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Liebe Nina, Zeit nur für Dich ist wahrscheinlich sehr rar. Ich hoffe, es geht Dir gut mit Deinen beiden Kleinen.
Liebe Grüße, Susanne
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