Von Papageientauchern, Regenwürmern und Anis-Goldruten-Tee

Die Sonne war nun weiter in den Schützen gewandert. Es wurde kalt und kälter. Dafür zeigte sich die Sonne öfters und vom roten Eichhörnchen war nur der Schwanz zu erblicken, so flink holte es sich die Nüsse.

Die Eichelhäher kamen gleich zu zweit – es hatte sich wohl rumgesprochen, es gab wieder Nüsse. Auch die Krähe kam zu dem Schmaus.

Blaue Feder hatte die nächste Medizin-Karte auf ihren Altar gestellt. Sie war froh, die Sterbe-Amme beiseite zu legen, hatten sie im vergangenen Monat viel über das Sterben und den Tod gesprochen. Die OP hatte es mit sich gebracht, dass Brauner Bär eine Patientenverfügung ausfüllen musste und sie sich gemeinsam Gedanken darüber machten, wie sie sich eine Beerdigung vorstellen konnten. Am Liebsten würden sie ihre Asche unter Ayla, der Dorfeiche, verstreuen oder ins Meer, aber sie wussten nicht, wie sie das bewerkstelligen konnten Sie fanden aber einen Waldfriedhof im Riesewohld, in der Nähe der Fünffinger-Linde. Natürlich hofften sie, dass es nicht dazu kam, aber sich darüber auszutauschen, tat gut.

Nun schaute sie der farbenfrohe, lustige Papageientaucher an. Die Närrin schlich sich ein, konnte sie das Foto von der Karte einfach nicht aufrichten – so ließ sie es quer.

Der Sinn entspringt der eigenen Mitte, stand auf der Karte in goldenen Lettern.

Die Papageientaucher werden auch Pinguine des Nordens genannt. Im Gegensatz zu Pinguinen können sie aber gut fliegen, auch unter Wasser. Ihren Namen verdanken sie dem bunten Schnabel. Wir begegnen ihnen an der Küste oder auf dem Meer. Auch wenn ihr Leben gerade etwas Schlagseite hatte, erinnerte sie der Papageientaucher an ihre kraftvolle und lichtvolle Mitte, die sie von innen her wärmte und stärkte. Wie sie die Welt wahrnahm, hing viel von diesem inneren Licht ab, denn damit erschuf sie die Wahrheit ihrer Welt – magisch und wirksam.

Blaue Feder hatte sich noch einmal auf eine innere Reise begeben. Sie besuchte ihren Lebensbaum und traf dort auf Ceridwen, eine alte Erdgöttin, die in ihrem Kessel die Ursuppe rührte. Ihr Begleittier war die Muttersau. Blaue Feder mochte Säue sehr, besonders ihre BroklandSäue. In den Kessel der Ceridwen können wir alles geben, was wir wandeln möchten. So fragte sich Blaue Feder, was sie im Kessel wandeln wollte. Erst hatte sie noch einmal an den Job gedacht, doch hatte sie geträumt, dass mit dem Job nun alles in Ordnung war, hatte sie mehr Raum für die Kunst geschaffen. Nun war es an ihr, sich an den freien Tagen auch auf ihre Kunst zu konzentrieren. Am Liebsten hätte sie das Herz von Brauner Bär in den Kessel gegeben, doch war es sein Herz und an ihm, es zu wandeln. Sie konnte ihn liebevoll dabei begleiten. Wie aus dem Nichts legte sie ein Buch in den Kessel. – Wie jetzt – sie war erstaunt und fragte noch einmal nach, ob das Buch stellvertretend für das Schreiben stand.

Schon länger hatte sie das Gefühl, es würde sich etwas ändern. Ja, es war wohl an der Zeit auf ihrem Blog zumindest mal eine Pause einzulegen. Sie hatte den Eindruck, manches wiederholte sich, momentan flutschte es auch nicht wie gewohnt und ein bisschen war es wie zu einer Sucht geworden. Prompt träumte sie von Drogen in ihrem Abflussrohr, die sie herausnahm und in einer Kiste fest verschloss. Sie ging spazieren, um zu schreiben und nicht um spazieren zu gehen – verstehst Du, was sie meinte?

Sie schaute über den Zaun und es war dunkel. Schemenhaft sah sie bunte Farben aufleuchten und sich selbst tanzen.

Dann kamen die Sätze:

Habe Vertrauen,

habe Vertrauen,

habe Vertrauen

und dann lass los.

Es war wie ein Mantra – wie Worte der Kraft.

Beim Tanzen hatte sie gemerkt, wie durch die Bewegung neue Ideen zu ihr kamen. So wollte sie die Starre, die sich die vergangenen Jahre eingefunden hatte, in Bewegung wandeln. Sie gab die Starre in den Topf der Ceridwen und diese rührte sie um.

Noch einmal sah Blaue Feder über den Zaun und Leichtigkeit umfing sie, Freude, Spiel, Farben, Lust und Lebendigkeit.

Es fiel ihr nicht leicht ihre geliebte Feder beiseite zu legen. So ging sie ein paar Tage später noch einmal eine Runde, und fragte sich auf der Schwelle: War eine Pause angesagt?

Ein Dachs riet ihr, ihre Energie anders zu leben. Lange hatte sie keinen Dachs mehr gesehen. Es war wohl zwölf Jahre her, dass sie einem Dach begegnet waren. Sie konnte sich noch lebhaft daran erinnern. Sie hatte zu Brauner Bär gesagt: Da ist ein Dachs! Er hatte sie ungläubig angeschaut und die Augen verdreht, bis auch er ihn sah.

Seine weiß-schwarze Färbung erinnerte sie an ihren Stein. Sie hatte von einem Mann geträumt, mit dem sie im Traum verschmolz und ihr wurde klar, es war die Botschaft des Steines. Im Stein verschmolzen schwarz und weiß, männlich und weiblich miteinander. Die weiße Kreide gab den Rahmen für den schwarzen Flintkern, der sich hingeben konnte. Und mit dem Feuerstein konnte sie das Licht ihrer Seele entzünden. Sie legte ihn gerne auf ihren Schoßraum und spürte seine Wärme und Kraft. Wenn die weibliche und männliche Kraft zusammen wirkten und nicht gegeneinander, dann konnten wahrlich Wunder geschehen.

Die Wolken sprachen : Fliege mit deinem Drachen.

Ihr Ahnentuch wartete und ihre Nähmaschine. Sie würde nun den Computer mehr und mehr mit der Nähmaschine eintauschen.

Im Wasser zeigten sich ihr unbekannte Zeichen. Es war auch ein ungewohntes Gefühl, wenn sie einfach aufhören würde, zu schreiben.

Blaue Feder war vor Jahren ausgezogen das Land ihrer Mutterseele zu erkunden. Sie hatte den Steinen gelauscht, den Pflanzen, den Vögeln, den Tieren, den Bäumen, dann den Elementarwesen und zuletzt mehr und mehr den Drachen. Nach und nach hatte sie sich beheimatet im Land ihrer Mutterseele. In der Natur hatte sie die weibliche Ur-Kraft erfahren. Die Natur war ihr Spiegel, Mutter-Raum und Quelle der Heilung. Sie trug wie viele eine Mutterwunde in sich. Viele von uns hatten keine heilsame biografische Mutter oder es fehlte die seelische Verbindung zur Großen göttlichen Mutter. Die Natur hatte ihr als Mutter-Raum die mütterliche Unterstützung gegeben. Sie hatte ihr Halt, Nahrung liebevolle Spiegelung und Freude gegeben. Schaute sie zurück, hatte sie eines gelernt, ihrer eigenen Wahrnehmung zu trauen, ihren Impulsen zu trauen und wenn sie noch so verrückt schienen. Oft stellte sich der Sinn erst später ein und dann war sie jedes Mal liebevoll berührt. Vermutlich war es eine Vorbereitung auf das, was noch kommen würde.

In erster Linie hatte sie die Geschichten für sich selbst geschrieben, weil sie so herausfand, wie ihre Seele tickte. Natürlich freute es sie, wenn die eine oder andere Geschichte auch Dich berührt hat. Sie merkte, wie wichtig es war, an sich zu glauben und der eigenen Wahrnehmung zu vertrauen.

Sie schaute den Kormoranen zu, die über den Großen Mondsee flogen. Sie würde nun in die Dunkelheit tauchen und in die Lichter-Zeit und einfach schauen, was es mit ihr machte.

Langsam ging die Sonne auf über dem großen Mondsee.

Als sie in das Wasser schaute, sah sie am Grunde des Sees etwas golden glänzen. Es konnte einfach der Müll eines Anglers sein, aber für sie war es eine goldene Schatzkiste oder war es gar ein goldenes Buch. Vielleicht war es das Buch, das sie mit dem Gold ihrer Geschichten gefüllt hatte. Nun fühlte es sich rund an.

Sie ging zurück ins Dorf und sah, dass Ayla, ihre Dorf-Eiche, schon alle ihre Blätter abgeworfen hatte. Sie würde es ihr gleich tun und nun loslassen.

Die Advent-Zeit stand bevor und sie wollte ihr Drachennest noch ein wenig schmücken. Auch, wenn sie gar nicht wusste, wie und wo sie ihr Weihnachtsfest feiern würden.

Als sie die Blumentöpfe für den Winter in den Stall brachte, fand sie lauter Regenwürmer unter den Töpfen. Sie hatte sie eingesammelt und zum Kompost getragen. Sie war erstaunt, welche Kraft diese kleinen Würmer besaßen und wie sie durch ihre Finger entkamen. Wie die Würmer würde sie sich nun ein wenig zurückziehen in den dunklen Schoß von Mutter Erde. Im Garten hatte sie noch blühende Anis-Goldrute gefunden. Blaue Feder hatte vergessen, dass dieses Kraut in ihrem Garten wuchs. Sie brühte sich einen Tee auf und er schmeckte fein nach Anis und nach Winterzauber.

Sie hatte den Eindruck etwas Neues wartete auf sie, wenn sie auch nicht wusste was. Sie hatte von vielen Menschen geträumt, die in ihrem Garten um ein Feuer saßen und meditierten. Auch in ihrem Wohnzimmer saßen Menschen und sie selbst hatte geschlafen – hatte sie verschlafen? Sie setzte sich so wie sie war im Pyjama zu den Menschen. Es musste nichts mehr perfekt sein und sie schon lange nicht mehr.

Vielleicht war es grad wichtiger für sie, viel zu schlafen und sich zu erholen. Sie brauchte ihre Kraft, um mit Brauner Bär durch seinen Prozess zu gehen, der auch ihr Prozess war. Die OP war auf den 8. Dezember verschoben, weil die Ärzte in der kommenden Woche streikten. Sie hatten ein langes Gespräch mit einem sehr einfühlsamen Herz-Chirurgen in Kiel. Es hatte Brauner Bär gut getan und ihm ein bisschen die Ängste genommen. Blaue Feder hatte geträumt, dass sie im Frühjahr wieder zusammen auf Amrum am Meer entlang spazierten hinauf zur Nordspitze, sehr langsam und alle Alten mit ihren Stöcken überholten sie, aber sie erreichten die Nordspitze. Dieser Traum hatte ihr gut getan, schenkte ihr Trost und Zuversicht.

So saßen sie nachmittags oft zusammen am Feuer und spielten alle Spiele ihrer Spiele-Sammlung durch. Hase und Igel war wohl ein Spiel für schlaue Menschen, die gut mit Karotten rechnen konnten. Den Mauerhüpfer fanden sie auch nicht so prickelnd. – Kennst Du ein Spiel, das richtig Spaß macht?

Taiga kuschelte sich momentan gerne in ihre Seelenhaut und wenn sie keine roten Flecken hätte, würde sie wohl mit der schwarz-weißen Decke verschmelzen.

Die Mondin stand am Abend rund am Himmel und lächelte ihr zu.

Mit ihrer Geschichte von der Winterkönigin, die sie sehr mochte, möchte sie sich jetzt für eine Weile verabschieden.

Die Blaue Feder wünscht Dir eine schöne Winterzeit.

4 Kommentare zu „Von Papageientauchern, Regenwürmern und Anis-Goldruten-Tee

  1. Guten Morgen meine liebe Susanne, danke für diese Geschichte 💝ich denke oft an dich/euch und weiß wie stark ihr zusammen seid! Es ist gut im Vertrauen zu bleiben… ich bin gerne für euch da🫶fühlt euch liebevoll umärmelt und gegrüßt. Anja

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