Brauner Bär und Blaue Feder nutzten die letzten warmen Tage, um im Garten die Büsche ein wenig herunterzuschneiden. Blaue Feder verstreute noch ein paar Samen in die Beete, die sie im Herbst eingesammelt hatte.
Im Vorgarten waren die Büsche in diesem Jahr besonders hoch gewachsen, dass sie kaum noch aus dem Fenster schauen konnten. Sie holte die trockenen Zweige aus den Hortensien und band sie zu kleinen Bündeln, womit sie das Feuer in Ofen entfachen konnten. Sie schnitt den Japanischen Ahorn runter und bewahrte seine roten Zweige auf, für die Adventsdekoration. Als sie einen Blumenbusch herunterschnitt, brach ein morscher hohler Teil des Stammes ab, mit noch einer Wurzel daran. Sie nahm ihn mit ins Atelier.

In der Nacht träumte sie von einem hohlen Baum.
Im Traum begegnete ihr zuerst einer alten Freundin, einer Jungfrau-Geborenen, die ihr sagte, es wäre Zeit für etwas Neues. Sie begegnete einer Waage-Geborenen und die hatte einen Löwe-Freund, der sehr an ihrer Kunst interessiert war. Dann kam sie zu dem Haus ihrer Eltern und aus dem Fenster heraus sah sie eine Frau mit einem großen Traktor in den Hinterhof fahren. Wer weiß, vielleicht eine Schütze-Geborene, so forsch wie sie unterwegs war. Diese wollte einen alten Baum fällen. Blaue Feder hatte Angst, sie könne mit ihrem großen Gefährt auch die jungen Bäume umfahren.
Sie suchte nach dem Vater, einem Krebs-Geborenen, der ihr helfen sollte, doch sie fand ihn nicht. Also lief sie selbst in den Hof. Dort lachte sie eine Skorpion-Geborene an, ebenfalls eine alte Freundin, die im Hof einen Selbstversorgungsgarten anlegte.
Dann kam sie zu einem alten hohlen Baum. Sie ging hinein in den Baum. Von innen strahlte er im warmen goldenen Licht. Hier war eine alte Nähwerkstatt eingerichtet. Sie fand lauter Gläser mit schönen Knöpfen, es gab eine alte Nähmaschine, einen alten Ofen und vieles mehr.


Blaue Feder wusste, es war der Baum ihrer Großmutter. Er war über die Jahre morsch geworden. Gemeinsam mit ihren Freundinnen, brachten sie die Schätze und Kostbarkeiten aus dem Baum heraus. Was würde mit diesem Erbe geschehen? Blaue Feders Herz hüpfte, als sie die alten Knöpfe und Garne berührte. Nach einer Weile der Stille traute sie sich zu sagen, ihr eigener hohler Baum würde nicht weit entfernt stehen und sie könnte dort die Wirkstatt wieder aufbauen. Ihre Freundinnen strahlten sie an, denn es war schon vorher klar gewesen, dass dieses Erbe ihr gehörte – sie hatte es nur annehmen müssen.
Dann ging Blaue Feder noch einmal in den Baum und stand vor einem großen Sicherungskasten. Sie drehte eine Sicherung heraus und dann fiel der alte Baum in sich zusammen.
Blaue Feder erwachte aus diesem Traum und spürte, es gab da eine sehr lebendige Wurzel zu ihren Ahnen, zu der Großen Mutter. Eine Wurzel zu dem Teil in ihr, der gerne nähte, webte und den Faden sponn. Sie dachte an all die hohlen Bäume, die ihr in diesem Jahr begegnte waren. An den Drachensteinen war sie beim Bärenstein in einen hohlen Baum geschlüpft. Die Tausendjährige Wittekind-Linde, die sie in Elbbrinxen besuchte, war hohl. In Goldenbaum war sie einer hohlen Weide begegnet. Hatte nicht Pippi Langstrumpf auch einen hohlen Baum in ihrem Garten? Sie spürte einer langen lebendige Tradtion von hohlen Bäumen zurück.
Die Tage brachte der Alte Vater, ein Wassermann-Geborener, ihr einen alten Ordner zurück. Sie hatte diesen Ordner schon ganz vergessen. Sie hatte dem Alten Vater die gesammelte Feldpost, mit Briefen von ihrem Vater, ihrer Oma, ihres Opas und dem großen Bruder ihres Vaters mitgegeben. Er hatte ihr einige Briefe die in Sütterlin geschrieben waren, übersetzt. Sie entzündete sich ein Feuer mit einem Zweigbündel. Sie gab noch Salbei und Beifuss ins Feuer. Dann las sie noch einmal die Briefe aus der Kriegszeit. Sie las die Feldpost von ihrem Vater, der in jungen Jahren Weihnachten mit seinen Kumpels auf der Bude einen provisiorischen Weihnachtsbaum gebastelt hatte und Heimweh hatte. Sie schaute sich die Bilder an, die sein Bruder in Kriegszeiten gezeichnet hatte. Sie las die Briefe, die die jungen Männer ihrer Mutter geschrieben hatten. Sie las die Briefe, die der Opa seiner Frau geschrieben hatte und sie las die Briefe, die ihre Großmutter zurück geschrieben hatte. Kurz vor Kriegsende brachen die Briefe ab.
Sie fand auch die Briefe, die ihre Oma nach dem Krieg den Suchdiensten geschrieben hatte, als ihr Mann und ihr ältester Sohn aus dem Krieg nicht heimkehrten. Sie fand einen Brief von einem Pfarrer, der ihr mitteilte, dass ihr Mann in Kriegsgefangenschaft in einem Lazaret in Jugoslawien gestorben war. Sie fand Briefe von Kameraden ihres Sohnes, die ihr erzählten, wie ihr ältester Sohn verwundet worden war. Sie las auch alle Briefe, die ihre Oma hinterher geschrieben hatte, als sie beweisen musste, dass ihr Mann gedient hatte. Ihr fehlten für die beiden letzten Kriegsjahre zwei Nachweise ihres Mannes über den Einsatz als Soldat. So wurde ihr die Kriegswitwenrente verwehrt. Sie hatte ihren Mann im Krieg verloren, ihren ältesten Sohn und ihr wurde diese Rente verweigert. Blaue Feder war traurig.
Sie tauchte noch einmal in diese alte Geschichte und dachte an ihre Großmutter, die sie sehr geliebt hatte. Sie und alle anderen Kinder der Familie waren oft bei ihr. Hier wurde gemalt, gespielt, gewebt, genäht und zusammen Tee getrunken. Sie hatte alles dieses erlitten und sie hatte nie aufgegeben. Immer war sie in ihrer Familie der Fels in der Brandung gewesen, diese Steinbock-Geborene.
Blaue Feder hatte den Impuls all diese alten Geschichten ins Feuer zu geben, doch sie traute sich nicht. Sie ging ins Bett, doch sie konnte nicht einschlafen. Tief in der Nacht stand sie wieder auf, schürte das Feuer und gab nach und nach all die Briefe ins Feuer frei. Sie bat für die Seelen um Liebe und Freiheit. Sie bat um Vergebung für alle, die Schuld auf sich geladen hatten. Sie bat auch um Vergebung für sich selbst. Sie sah wie ein dicker schwarzer Klumpen sich im Feuer langsam auflöste. Die Asche würde wieder zu Erde werden und neues Leben konnte entstehen. Sie schloß die Augen und spürte in sich hinein – sie konnte tief und frei durchatmen.
Es hatte sie Überwindung gekostete diese alten Geschichten loszulassen, aber sie fühlte sich wie befreit. Die alten Geschichten hatten ihr eine Art Sicherheit geboten. Sie wurden immer und immer wieder erzählt. Blaue Feder hatte aber auch den Eindruck, diese vermeindliche Sicherheit, konnte sie hindern, einen neuen Schritt zu wagen.

Am kommenden Tag ging sie in ihr Atelier und der hohle Baum lachte sie an. Sie nahm warme Farben sein Innenleben zu gestalten. Sie fand ein Glas mit Perlmutknöpfen und Mondsteinperlen. Eine Freundin, eine Fische-Geborene, hatte ihr goldene Schmetterlinge geschenkt. So werkelte sie vor sich hin und gestaltete ihren hohlen Baum. Im Stall in ihrer Flohmarkt-Ecke fand sie einen Kerzenständer, den sie absägte zu einem Ständer für den Baum. Zum Schluß fand auch der Fingerhut der Oma seinen Platz.




Der hohle Baum kam ihr vor wie ein hohler Knochen. Sie fühlte sich selbst wie ein hohler Knochen, weil Ideen in sie hineinfielen und sie versuchte, das Wahrgenomme mit ihren Mitteln auszudrücken. Sie war dankbar für diese Impulse, die sie Schritt für Schritt weiterführten auf ihrem Weg.
Ein feiner, tiefer Prozess und ein wunderschönes Ergebnis❣️
LikeGefällt 1 Person
Oh liebe Ulli, lange nichts mehr von Dir gehört. Ich musste die Tage viel an Dich denken, weil ich nun auch leider eine Borreliose habe. Dieses Jahr lasse ich irgendwie nichts aus. – Geht es Dir wieder besser? Herzensgrüße Susanne
LikeGefällt 1 Person
Gute Besserung!!!!
LikeGefällt 2 Personen
Danke, liebe Silvia, ich versuche mich grade ein bisschen einzufühlen.. Bin zum Glück vier Wochen krank geschrieben. Kann ich es ganz entspannt angehen. Liebe Grüße, Susanne
LikeGefällt 1 Person
Das tut mir leid zu lesen, liebe Susanne, ich hoffe, dass es früh genug erkannt wurde und du adäquate, medizinische Hilfe hast. Alles Gute dir 💖
(Mir geht es so lala.)
LikeGefällt 1 Person
Liebe Ulli, ich habe zum Glück noch keine Symptome, außer der Wander-Röte und dem schnellen Ermüden. Erst einmal bin ich froh, dem Streß in der Firma entronnen zu sein. Ich bastel mir hier gerade meine Wohlfühl-Kur zusammen. Immerhin kriegen mich die Borrelien dazu, dass ich jeden Tag Walken gehe. Die mögen ja keine Hitze, insofern tut Schwitzen sicherlich schon mal gut. Ansonsten horche ich noch einmal genauer in mich hinein, welche Kräuter mich anlachen und so.
Wünsche Dir auch alles Liebe, Susanne
LikeGefällt 1 Person
Du nimmst kein Antibiotikum? Also ohne geht es nicht, wenn du nicht willst, dass es chronisch wird. Ich gebe ja nicht gerne Ratschläge und schon gar nicht gerne empfehle ich ein Antibiotikum, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass es ohne ein langer Weg wird und chronisch wird.
LikeGefällt 1 Person
Liebe Ulli, danke für Deinen lieben Ratschlag. Ich habe versucht Antibiotika zu nehmen, aber ich habe es immer wieder in hohem Bogen ausgekotzt. Es fühlt sich für mich nicht wirklich stimmig an. Klar bin ich unsicher, aber ich werde wohl meinen eigenen Weg mit den Borrelien finden. Herzensgrüße, Susanne
LikeGefällt 1 Person
Das ist doof.
Ich kann dir nur alles Gute für deinen Weg wünschen. Möge alles gut gehen!
Herzliche Grüße, Ulli
LikeGefällt 1 Person
Ja, das wünsche ich mir auch. Heute bin ich zum Schwanensee gelaufen und da stand eine Flasche Bier 🍺 auf dem Holz-Tisch. Ich musste lachen, weil die Alte Weise in mir mal gesagt hat: und trink auch mal Bier. Ist warmes Bier nicht auch ein Hausmittel zum Schwitzen? Mir wäre ja ein heißer Hollersaft abends lieber. Ich glaube, alles tut gut, was meine Lebenskraft stärkt und Humor ist bestimmt eine wichtige Essenz. Danke für Deine Teilnahme, Susanne
LikeGefällt 1 Person
Das klingt doch ganz wunderbar!
LikeGefällt 1 Person
Hihi, hat auch insofern gewirkt, dass ich langsam runterkomme. Ich musste nur fünf mal auf’s Clo heute Nacht. Hab einen schönen Tag, Susanne
LikeGefällt 1 Person
❤
LikeGefällt 1 Person
Als wäre dein Bericht eine Bestätigung eines Prozesses, den ich auch grad durchlaufen habe, dank dir sehr, Blaue Feder. Und herzliche Grüße aus dem Wiener Wald.
LikeGefällt 1 Person
Das freut mich. Liebe Grüße zurück aus dem kalten, aber sonnigen Norden, Susanne
LikeLike
dankeschön für das teilhabenlassen an deinen ahninnen und ahnen geschichten.
gutes gesunden!
hier fliegen grad die kraniche vorbei, nach südwesten.
ihre ruf-gesänge sind so angenehm für die ohren.
bad münstereifel liegt auf ihren herbst und frühlings flugrouten.
ich fühle mich diesbezüglich reich beschenkt.
gute nacht und erholsamen schlaf!
aljoscha
.
LikeLike
Danke, lieber Aljoscha, für die lieben Wünsche. Das muß wunderbar sein, die Kraniche fliegen zu sehen. Herzensgrüße, Susanne
LikeLike
apropos borrelien:
wenn du magst, frag doch bei luisa francia mal freundlich nach,
sie hat ja auch welche – immer mal wieder – und vllt rezepte, kräuter
oder ratschläge und erfahrungsberichte.
…nur so´ne idee…
alles gute weiterhin!
aljoscha
.
LikeGefällt 1 Person
Lieber Aljoscha,
danke, dass Du mich an Luisa erinnerst – eine gute Idee. Sie schreibt ja auch in ihren Büchern viel über die Borreliose und geht gerne mit der Zistrose, die allerdings in unseren nördlichen Graden nicht wächst. Ich gehe ja lieber mit den Kräutern, die ich vor Ort finde. Habe auch schon von einem Kraut geträumt und meine Katze hat mir auch eines ans Herz gelegt. Vermutlich rät sie mir mit den Borrelien zu tanzen oder mich auf eine schamanische Reise zu begeben. Ich habe erst einmal das warme Bier getrunken und merke, wie es mich von dem wilden Aktionismus runterholt. Mir ist eingefallen, dass bei mir schon vor 30 Jahren Antikörper von Borrelien nachgewiesen wurden. Ich lebe also schon eine ganze Weile mit dem kleinen Völkchen.
Herzliche Grüße, Susanne
LikeLike