Können Igel schwimmen?

Taiga kam am Morgen zum Kuscheln und Blaue Feder sann noch einmal über ihre Träume nach.

Sie träumte von allerlei Tieren. Zuerst sah sie eine Horde Eichhörnchen mit vielen kleinen Eichhörnchen-Kindern über eine Wiese eilen.

Dann erblickte sie in einem goldenen Feld einen kleinen Fuchs. Da bist Du ja, dachte sie im Traum. Er war kaum zu sehen, weil er sich sehr an seine Umgebung angepasst hatte.

Blaue Feder sagte: Ich sehe Dich!

Es war ihr, als würde sie sich nun selbst sehen.

Dann kamen zwei Wölfe gelaufen und zogen einen Bogen um die Menschengruppe mit der Blaue Feder unterwegs war. Eine Frau hatte Angst und eine andere sagte, die haben doch Angst vor uns. Einer der Wölfe trug ein Halsband wie ein Hund.

Ein kerniger sportlicher Typ sprang abenteuerlustig und etwas übermütig von einer Mauer in ein tiefergelegenes Feld, ohne zu wissen, was ihn am Grunde des Feldes erwartete. Ein anderer Typ war eher etwas kränklich, hatte Probleme mit seiner Schilddrüse und brauchte Fürsorge. Blaue Feder ging mit beiden Typen arm-in-arm, jeden auf einer Seite ihres Weges.

Dann sah sie einen Igel eine Rutsche hinunterrutschen und er landete in einem Wasserbecken. Im Traum fragte sie sich noch: Können Igel schwimmen?

Als sie das Bild mit den Männern betrachtete, dachte sie bei sich, sie trug wohl beide Seiten in sich, die abenteuerlustige, wie auch die etwas gesundheitlich eingeschränkte, die ihre Fürsorge brauchte.

Igel können schwimmen, wie wohl alle Vierbeiner, wenn sie auch sehr wasserscheu waren. In ihrem Garten wohnte ein Igel, wenn sie auch nicht wusste, wo er überwinterte.

Die Sonne war wieder herausgekommen. Eine Amsel nahm ein Bad im Wasserbecken im Frühlingsgarten.

‚Wässere die Blume der Amsel‘, pflegten die Buddhisten zu sagen und meinten damit: ‚Lausche Deiner Intuition‘.

Schmetterlinge flogen durch den Garten. Taiga sprang ihnen hinterher, ohne einen zu erwischen.

Sie zog nun wieder mehr ihre Runden durch den Garten. Blaue Feder musste wieder jeden Tag durch Stall gehen und die Kleinen Füchse und Pfauenaugen retten, die im Stall überwintert hatten. Ob sie dort als Ei, Raupe, Puppe oder Falter überwinterten, wusste sie nicht und wie sie dahin kamen, war ihr auch ein Rätsel; genauso, wie sie nicht wusste, wo der Igel wohnte. Manchmal erhaschte Blaue Feder ein paar Zusammenhänge. Sie wusste, alles war irgendwie miteinander verbunden, aber sie wusste manchmal nicht wie.

Wieder lachte sie ein kleiner Fuchs an!

Als sie das zweite Kompostbeet anfing zu sieben, sah sie plötzlich in zwei Augen. In einer Erdhöhle saß eine kleine Erdkröte und schaute sie aus goldenen Augen an. Die Erdkröte war für sie eine ausgesprochene Botin von Mutter Erde.

‚Immer hast Du es eilig. Schau Dir doch mal in Ruhe den Tausendfüßler an, der zärtlich die
Erde mit seinen Füßen streichelt. Oder betrachte den Regenwurm, der vorher genau
prüft, was verdaulich ist.

Ich mag Deinen wilden Garten, der vielen Tieren Unterschlupf bietet. Mach nicht alles so ordentlich. Setz dich öfters hin und lausche. Ist Dir das schon mal aufgefallen, dass Du manchmal zwei Stimmen in Dir hast? – Eine laute, die sich in den Vordergrund drängt und eine zarte, leise, die in zweiter Reihe wartet. Welcher Stimme möchtest Du lauschen?

Dann ging sie gemächlich davon und verließ den Kompost, damit Blaue Feder sie nicht mit ihrer Forke aufspießte.

So setzte sich Blaue Feder auf ihren Schemel im Garten und lauschte. Wenn sie ihre Geschichten las, gab es in der vergangenen Zeit, oft mehrere Möglichkeiten sich zu entscheiden. So hatte es zwei Schlüsselblumen gegeben. Manchmal stand sie an einer Weggabelung und musste sich entscheiden, welchen Weg sie ging. Vielleicht gab es auch einen dritten Weg in der Mitte, der noch nicht so sichtbar war.

Einige Pflanzen wollten stehenbleiben, wo sie waren – der große Lavendelbusch und die Pfingstrosen. Die Feuerwanzen und Asseln waren verstört, weil Blaue Feder alle Steine aus den Beeten genommen hatte. Sie dachte an den geheimen Tanz der Feuerwanzen und wie sie herausgefunden hatte, dass diese Malvengewächse liebten.

Manchmal war ein Perspektivwechsel von Nöten. Aus der Sicht eines Regenwurmes sah die Welt anders aus. Der Kleiber schaute sich die Welt oft auf dem Kopf an und Blaue Feder lief gerne mal rückwärts.

Die meisten Arten waren darauf angewiesen, dass die Gärten, die sie bewohnten nicht zu ordentlich waren. Blaue Feder entschuldigte sich bei den Feuerwanzen und schichtete die Steine wieder ins Beet. Sie entschied sich nicht die ganze Wand entlang neue Beete bauen, sondern nur vereinzelt ein paar.

Es gab ein Buch mit den gleichnamigen Titel: Können Igel schwimmen? Es war ein kleiner Ratgeber mit vielenTipps, wie wir unseren Garten naturnah gestalten können.

Ihr Blick blieb an der Wand an einem ihrer Bilder hängen.

Die dunkle Luna stand die Tage wieder am Himmel. Es war schon die zweite Neumondin im Zeichen Widder. Gab es zwei Vollmonde oder zwei Neumonde in einem Zeichen, dann war das Thema, dass sie ansprachen, für das Jahr besonders wichtig. Diese Neumondin hatte eine Sonnenfinsternis im Gepäck. Wenn die Sonne sich verfinsterte, war unsere männliche-aktive Seite angesprochen, passend zu dem Mars-regierten Jahr. Wie die beiden Typen aus Blaue Feders Traum. Der eine sprang ohne bedacht und der andere war zögerlich. Blaue Feder stand in der Mitte und es war wohl ratsam nicht ängstlich, aber mit Bedacht, zärtlich wie der Tausendfüssler Schritt für Schritt zu gehen und genau zu lauschen. Pluto, dieser Schwerenöter, war bei beiden Neumonden sehr präsent. In den Anfangsgraden des Wassermannes stand er in einem Spannungsaspekt zur dunkeln Luna und fragte:

Welcher Weg führt in die Freiheit?

Blaue Feder hatte noch einen zweiten Traum, da schmiss jemand die Prinzenrolle mit den Schokoladenkeksen in ein Schwimmbecken. Das Wasser war bitter kalt und Blaue Feder kam nicht an die Kekse ran. Sie ließ die Kekse Kekse sein und traf sich mit vielen Frauen im Kittelrock zum Kittel-Rock in Gummistiefeln. Eine Frau im Kittelkleid fing an zu tanzen und dann tanzten alle.

Es war ein schönes Bild. Blaue Feder zog ihren Kittelrock an, ging in ihr Atelier, legte sich Musik auf und fing an zu rocken. Die Gummistiefel ließ sie sein, tanzte sie lieber barfuß wie Patti. Sie hatte lange nicht mehr getanzt und es hatte ihr gefehlt.

Irgendwie fing ein neues Kapitel an. Das neue Kapitel könnte sie Kittel-Rock nennen. – Ja, das war ein feiner Name!

 

2 Kommentare zu „Können Igel schwimmen?

  1. …und schon wieder so eine feingesponnene und vielfältige geschichte
    mit schönen fotos und unerwarteten wendungen im erzählfluß.
    sehr gerne gelesen!
    und für mich wird es jetzt zeit, eine erholsame runde durch
    meine geliebten wälder zu drehen…
    hab´s gut da oben im norden!
    westwindgrüße…

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