‚Gu-Kuh, Gu-Kuh‘ ruft es schon seit Tagen. Wie die
Schwalben, wie die zarten Blumen und das hellgrüne Laub der Bäume gehört sein Ruf zum Frühling. Er ist ein scheuer Vogel, der die Nähe des Menschen meidet. Ein wenig erinnerte sie sein Flug, an den, eines Falken.
Blaue Feder erwachte früh aus ihren Träumen – ein opulentes Kostüm sollte sie nähen mit lauter Schwänen appliziert. Sie merkte es wurde ihr zuviel und lehnte es ab. Die Auftragsgeberin war enttäuscht. Sie konnte eine andere Kostümbildnerin empfehlen. Sie selbst fühlte sich wie befreit.
Auf diese Weise träumte Blaue Feder gerade viele Träume. Sie nahm ihre Grenzen wahr und handelte dementsprechend. Sie sagte ‚Nein‘, wenn es angebracht war und ‚Ja‘, wenn es ihrem Herzen entsprach. Es war ihr, als übte sie fleißig Nacht für Nacht.
Nach dem Traum im Schwanen-Kostüm, dachte Blaue Feder, sie könne mal schauen, ob es schon Nachwuchs bei den Schwänen gab. Es war noch sehr früh am Morgen. Nach dem Regen in der Nacht, roch das Dorf nach rosa Blütenträumen.

Die Sonne ging klein auf am großen Wolkenhimmel.

Blaue Feder genoß die Stille am Großen Mondsee. Sie hörte ihn rufen und dann …
… verfolgte er sie mit einem heiseren ‚Hach Hach Hach‘ und sie kicherte.
Selten bekam sie den Rufer zu Gesicht. Doch diesmal saß er hoch auf einem Baum und rief, ließ seine Flügel dabei leicht hängen und stelzte mit dem Schwanz.

Was war das für ein neues Lied?
Der ‚Herold des Frühlings‘ wirbelte ihre Werte durcheinander. Sie kannte ihn aus vielen Liedern und Redewendungen. Blumen trugen seinen Namen. Doch gab sein Verhalten Rätsel auf. ‚Brutschmarotzer‘ wurde er genannt. Er baute kein eigenes Nest und legte seine Eier anderen Vögeln ins Nest. Ein Meister der Täuschung war er und die Stiefeltern spielten sein Spiel mit. Einen einzigen Tag nur hielt seine Ehe – doch fernab, von allen Bewertungen, dachte Blaue Feder, machte er es sich schön leicht!
Blaue Feder erinnerte sich an die ‚Glücksmutter‘ Laima mate. In Lettland drehte sie mit ihren Schwestern Kārta und Dēkla das Schicksalsrad. Sie ist Eine, der drei Schicksalsgöttinnen, der „Tris Laimas“, die den Faden des Lebens spinnen. Sie erscheint oft in der Form eines Kuckucks und Laima’s heiliger Baum ist wie soll es anders sein, die Linde.
Die Schnecken sagten:
‚Mach mal sutje und bleibe schön zentriert bei Dir selbst.‚

Ein unbekanntes Land spiegelte sich im Moorsee mit Blättern in Herzform.

Eine Mutter-Ricke kümmerte sich berührend um ihr Kitz.


Am Schwanensee gründelt ‚Er‘, während ‚Sie‘ im Nest brütete. Sie blieben ein Leben lang zusammen – wie anders lebte doch der Kuckuck.



Es beruhigt sie dort zu sitzen und dem Schwan bei der Morgentoilette zuzuschauen. Ein paar schöne Worte fielen in ihr Herz. ‚Selbst-Fürsorge‘ war eines davon. Blaue Feder hatte sich am Wochenende etwas verausgabt. Ihr Knie schmerzte und zeigte ihr eine Grenze auf. Hier bei den Schwänen tankte sie wieder auf. In der Stille kam sie wieder zu sich.



‚Selbst-Liebe kann auch eine Seelenaufgabe sein – sich mit allen Facetten des Seins anzunehmen und das Leben zu verheilsamen.‘

‚Sich selbst ein Zuhause zu sein.‘


An der Gänsekuhle traf sie noch die Kanada-Gänse beim Morgenbad, wollte sie aber nicht stören. Auf dem Rückweg, am Schwanensee fand sie, wie zufällig, ein vierblättriges Klee. Ein Gruß von Laima mate? Was hatte sie für ein Glück, hier an diesem Ort leben zu dürfen. Sie hatte hier ein Zuhause gefunden, sowohl draußen in der Natur, als auch in sich.



Am Ausgang des Moores saß das Kuckuckweibchen auf dem Baum und kicherte. Das ‚Kichern‘ ging ihr noch lange nach. Es führte sie an eine Grenze. Dahinter begann das unbekannte Niemandsland.

Es war ihr auch, als würde sie fragen:
‚Wie kannst Du es Dir leichter machen?‘
Das Licht brach durch die Wolken.


Vorm Haus der Töpferin sagte das Haus aus Ton noch einmal:
‚Sich selbst ein Zuhause sein‘.
Sie setzte sich zur Alten Eiche und sah, wie die Wilden Tulpen ihre Köpfe aus der Erde streckten – zart und wild zugleich – war das möglich?


Zart und wild zugleich wurde sie schon erwartet und die Neue Mondin kicherte.
