Die Geschichte vom Sumpf-Vergiss-mein-nicht, der ersten Wurzel und den grünen Tomaten

Es war eine lange Überschrift für eine Geschichte, die Blaue Feder nun versuchte auf den Knopf zu bringen. Unter all den Heilpflanzen, die Blaue Feder bestellt hatte, war auch das Sumpf-Vergiss-mein-nicht. Warum nur, hatte sie das Sumpf-Vergiss-mein-nicht bestellt, brauchte es doch einen Tümpel oder zumindest viel Wasser. Blaue Feder pflanzte es in einen Tontopf ohne Loch, damit sich das Wasser staute und siehe da, es fing an zu blühen.

Blaue Feder wusste nicht, wie es gerade in Deinem Leben aussah, sie stand ein bisschen unter Strom. Mag sein und es war das Gewitter mit den vielen Blitzen, dass sie unter Strom gesetzt hatte. Es lief gerade nicht so rund. Stürme fegten über das Land, entwurzelten Bäume. Schaute sie in die Sterne, dann liefen dort auch schon wieder einige Planeten rückwärts und holten ans Licht, was noch nicht stimmig war.

Mit einem Sturm hatte sie ihre Drachen-Geschichte hinausgelassen in das Meer des WorldWideWeb. Stundenlang hatte sie an der Weltenkiste gesessen, bis ihr alle Knochen weh taten. War es das wert? Dann trieb ihre Undinen-Geschichte in den hohen Wellen und es fühlte sich nicht stimmig an. Diese Geschichte war im geschützten Kreis der Undinen geboren worden, sie war noch zart und jung und Blaue Feder hatte sie selbst noch nicht verinnerlicht. Sie fühlte sich wie eine Mutter, die ihr Kind zu früh in die weite Welt entlassen hatte. Dann saß sie die Woche mal wieder in der Bahn und es ging nicht vorwärts, weil ein Baum auf die Gleise gestürzt war. Sie hatte Zeit zum Nachspüren. Als sie in Herzhorn auf den Gleisen stehen blieben, erinnerte es sie an eine Geschichte, die sie einst geschrieben hatte ‚Die Menschen haben das Warten verlernt‚.

Momentan gab es viel Nachwuchs um und auf dem Schwalbenhof und seit Tagen lagen ihr die Zaunkönige im Ohr.

Saß sie im Garten, sah sie die Zaunkönigin Fliegen fangen, während der Zaunkönig aufpasste und Geräusche von sich gab, wie eine Grille. Blaue Feder hatte den Eindruck, er wollte ihr etwas sagen, aber sie wusste nicht was.

Er setzte sich auf das Dach der Scheune und sie lauschte, so gut sie eben konnte.

Du bist nicht klein. Du bist nicht groß. Das Große liegt im Kleinen verborgen, wie das Kleine im Großen. Du bist eine wunderbare Seele, wie alle anderen, die den Mut hatten auf Mutter Erde zu kommen in einer Zeit des Wandels. Wir sind froh, dass es dich gibt und du uns eine Stimme gibst. Du bist wie wir eine Zaunreiterin, eine Reisende zwischen den Welten. Es ist nicht leicht Pionierin auf einem Gebiet zu sein, wo du dich nicht auskennst. Mutig schreibst Du deine Geschichten und dabei wachsen deine Wurzeln langsam in die Tiefe.

Tatsächlich hatte Blaue Feder gerade ihre erste Wurzel geerntet. Sie war noch klein und zart, aber sehr lecker. Mit ihrem Garten lernte sie, dass alles seine Zeit brauchte, bis es reif war, wenn auch Geduld manchmal nicht ihre Stärke war.

Mit ihrer Drachen-Geschichte hatte sie sich nicht genug Zeit gelassen. Das Video war zwar schön geworden, aber als sie so im Garten saß, fiel ihr ein, sie hatte eigentlich zehn Bilder gemalt und nicht nur neun. Da sie nicht gewusst hatte, wie das zehnte Bild zur Geschichte passte, hatte sie es einfach weggelassen. Doch scheinbar, war es genau das Bild, das die Geschichte rund machte. Also holte sie ihr Kind zurück in den Heimathafen. Es musste noch ein bisschen reifen, wie die Tomaten, denn die waren auch noch grün.

Blaue Feder hatte einen Traum, in dem musste sie zu einer Untersuchung ins Krankenhaus und sie nahm ihre grünen Tomaten mit. Alle lachten sie aus, aber sie brauchten momentan einfach viel Wasser, Liebe und Pflege. Es war ihr egal, ob die anderen sie auslachten.

Dann kam Brauner Bär und holte sie in den Stall. Nun sahen sie, warum die Zaunkönige grad so aufgeregt waren. Sie hatten drei Küken zu versorgen. Ihr erster Impuls war, sie mussten die Küken aus dem Stall retten und rausbringen. Aber diese kleinen Wesen waren schon geschickte Flieger und flutschten ihnen immer wieder durch die Finger. Sie öffneten das Scheunentor weit und sie hätten herausfliegen können, wenn sie denn gewollt hätten.

In dem Krankenhaus, von dem sie träumte, lag auch ein Mann im Sterben. Sie nahm seine Hände in ihre und kümmerte sich um ihn. Er lebte auf und war dann so zärtlich, lebendig und verspielt, dass Blaue Feder gar nicht wusste, wie ihr geschah. Er wollte ihr einen Knopf auf die Nase nähen. Wie mit Nadel und Faden? Es war symbolisch gemeint. Er nahm dann einfach einen Klecks Marmelade und klebte ihr den Knopf auf die Nase.

Beim Aufwachen schielte Blaue Feder auf den Knopf auf ihrer Nase. Sie wachte mit einem liebevollen Gefühl auf. Der Traum war zärtlich, wie auch lustig. Es erinnerte sie an die Geschichte von Peter Pan, in der Knöpfe Küsse waren. Und dann war es mal wieder mehr so, dass der Mann, dem sie helfen wollte, ihr half, ihre Zärtlichkeit, Verspieltheit und Liebe wiederzufinden. Er lenkte ihren Blick auf das, was vor ihrer Nasenspitze lag – den Knopf.

Sie ging in die Scheune und sah die kleinen Zaunkönige in der Scheune fliegen und die Eltern kamen und brachten ihnen Futter. Sie merkte, sie musste niemanden retten. Es war gut, dass die kleinen Wesen bei den Stürmen momentan noch im Schutz der Scheune groß wurden. Sie würden, wenn die Zeit reif war, mit ihren Eltern hinausfliegen.

Vielleicht war es grad nicht die Zeit für die großen Visionen, mehr die Zeit für die kleinen Dinge des Lebens, die vor ihrer Haustür lagen. So merkte Blaue Feder es war manchmal besser, sich in Ruhe hinzusetzen und genau hinzuschauen, was sie wahrnahm. Sie würde sich für ihre Drachen-Geschichte die Zeit nehmen, bis sie reif war.

In jener Nacht träumte sie zweimal von einem Blauen Pfau in ihrem Garten. Wenn dieser wunderschöne Paradiesvogel sein Rad des Lebens aufschlug, dann wurden seine 1000 Augen sichtbar.

Ihr Garten war wie ein Schlüssel für sie. Das Paradies war nicht irgendwo im Himmel, es war hier unten auf der Erde. Oft saß sie einfach im Garten und freute sich, wie es um sie herum blühte, summte und brummte. Immer öfter zauberte sie sich ein leckeres Essen, aus dem Gemüse, das ihr der Garten schenkte. Von einer Selbstversorgung war sie noch weit entfernt, aber sie sie spürte, wie kostbar es war, das selbst-angebaute Gemüse zu essen. Jeden Tag gab es einen leckeren frischen Salat.

Als sie ihre Runde durch das Moor ging, begegnete sie einer Schecke. Sie ließ sich Zeit und kam auch irgendwann ans Ziel.

Walk in Beauty, flüsterte sie ihr zu.

In der alten BroklandSau lachten sie, wie eine liebende Mutter, die Sumpf-Vergiss-mein-nicht an.

Das Vergiss-mein-nicht erinnerte sie an das, was wesentlich war – die Liebe zu sich selbst, wie zu den anderen.

Es erinnerte sie auch daran, das eine andere Geschichte der Blauen Feder schon rund erzählt war. Die Geschichte ‚Die Menschen haben das Warten verlernt‚ findet sich in ihrem Buch ‚Im Tal der BroklandSau‚. Blaue Feder hatte es jetzt als PDF auf ihren Blog gestellt. Wer möchte, kann sich das Buch gerne runterladen und in Ruhe lesen.

Ihre Geschichten zu teilen war ihr Geschenk, das sie weitergeben konnte, für all die Geschenke und Erfahrungen, die ihr die Natur zuteil werden ließ.

Im Moor blühte jetzt überall die Wiesenkönigin, das Mädesüß. Ihr zarter Duft umhüllte sie. Sie nahm sich ein paar Stängel mit und brühte sich einen Tee auf, der ihr Herz berührte. Wie warmer Honig floss ihre Liebe in jede Zelle ihres Seins. Jedes Jahr hängte sie sich ein paar Stängel ans Fenster, damit noch mehr schöne Träume in ihr Zimmer flogen.

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