‚Shangri-La‘

Sie war gut im Tal der Sprudelnden Quellen angekommen. Als sie ihren Rucksack auspackte sprang Pukka, das Trollmädchen, ihr entgegen und lachte. Sie hatte sich heimlich im Rucksack versteckt.

Haus und Hof konnte sie noch später hüten. Als sie hörte Blaue Feder ging auf Reisen, da packte sie das Reisefieber. Gerade erst das Licht der Welt erblickt, wollte sie auch etwas sehen von dieser Welt. Blaue Feder konnte es ihr nicht verübeln und war sogar froh eine kleine Freundin auf dieser Reise dabei zu haben. Von ihrem Fenster blickte sie genau auf den Wald, in dem sich die Erdfälle befanden. Es war ihr grad so, als würden sie rufen.

So packte sie Pukka wieder in den Rucksack und schon waren sie auf dem Weg zu den Erdfällen. Sie tauchten in Mohnfelder. Schaute den Bienen zu wie sie von Blüte zu Blüte flogen, den Sternenstaub einzusammeln. Schwalben flogen über die Felder und gaben ihr ein heimatlichen Gefühl. Brauner Bär hatte von einem neuen Schwalbennest erzählt auf dem Schwalbenhof gleich über der Milchkammer. Das freute sie sehr und sie machte auf einer Bank eine Pause und blickte ins Tal der sprudelnden Quellen. Vielleicht war es der Mohn, jedenfalls war es ihr für einen Moment, als würde sich die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft verbinden und so reiste noch einmal vier Jahre zurück, als sie das erste Mal die Erdfälle besuchte.

Damals setzte sie ihren Strohhut auf und zog ihre neuen Laufschuhe an. All die Jahre waren es ihre Lieblingschuhe gewesen. Nun musste sie sie schweren Herzens entsorgen und reiste mit neuen Laufschuhen. Es war sehr heiß und sie verlief sich gleich. Sie lief die Erdfällestraße in die falsche Richtung. So fand sie dann die Schillerstraße, von der die Kieler Sprotte erzählt hatte. Dort hatte sie den besten Kaffee getrunken. Also gab es kein ‚falsch‘, aber in der Hitze war es schon etwas anstrengend zu laufen. Sie setzte sich irgendwo hin und studierte die Karte noch einmal, bis sie wusste, wo es lang ging. Bis dahin war die Strecke nicht sehr schön gewesen. Nun erblickte sie ein alten Hof und kam zu einer Abbiegung auf der stand ‚Am unteren Meer‚. Das hörte sich wunderbar an, bei der Hitze. Gleich darauf stand sie vor einem Haus, auf dem stand ‚Shangri-La‚. Schon lange wollte sie nach Shangri-La reisen, einem mythischen Ort im Himalaya, an dem die Menschen in Frieden und Harmonie miteinander leben. James Hilton erzählt von diesem Ort in seinem Roman ‚Der verlorene Horizont‚.

Sie war voller Vorfreude und fragte sich, was sie wohl in diesem Paradies erwarten würde. Sie kam an einem Pippi Langstrumpfhaus vorbei und es erinnerte sie an ihren Schwalbenhof. Sie schlüpfte in den Forscher-Geist von Pippi. Am Ende der Straße stand eine Weide. Da musste wohl Wasser sein. Die Weide wurde begrüßt. In ihren Zweigen hing eine Mistel und Blaue Feder verweilte dort eine Weile und trank einen Schluck Wasser.

Dann war sie auch schon bei den Unteren Erdfällen. Sie sah das grüne Wasser und konnte ahnen, welch schöner Ort dies war. Es zog sie weiter zu dem Oberen Erdfall.

Sie war aufgeregt und ihr Herz bubberte. Dann stand sie am Oberen Erdfall und schloss die Augen. Ein lichtvolles Wesen erschien ihr und spielte mit goldenen Bällen. Es gab ihr einen Ball. Blaue Feder war unsicher, ob sie den nehmen durfte, aber sie tat es und nahm ihn in ihr Herz und dachte, sie schaue nur mit dem Herzen gut. Hier standen überall Buchen mit Zeichen in der Rinde. Die Zeichen erinnerten Blaue Feder an Schmetterlinge. Die Sonne fiel so schön auf den grünen Erdfall und Blaue Feder tauchte in das Grün.

Am Boden entdeckte Blaue Feder einen kleinen Flaschendeckel. Weiß-Grün war dieser und Klopf mich! stand darauf und Blaue Feder klopfte dreimal darauf. Dann fand sie den nächsten Deckel – Braun-Orange war dieser – Klopf mich! stand darauf und sie klopfte. So ging es weiter. Sie fand einen Rot-Grünen Deckel – Klopf mich! stand darauf und sie klopfte dreimal. Sie steckte die Deckel ein und war unsicher, ob sie das durfte. Aber ihr kam der Gedanke, das ein Jeder seinen eigenen Weg geht und seine eigenen Zeichen entdeckt. So war es wohl okey. Sie fand noch einen vierten Deckel Rosa-Lila – Klopf mich! stand darauf und sie klopfte.

Blaue Feder war immer etwas aufgeregt bei solchen Ritualen, weil sie nicht wusste, was auf sie zukam. Doch sie ließ sich auf das Spiel ein. Dann stand sie an einem wunderschönen Platz, wo das Licht auf eine kleine Lichtung fiel und eine Art Kopf an einem Baum sichtbar war. In Natura sah der Kopf aus wie ein Fischkopf – auf dem Foto eher wie ein Löwe. Wieder kam die lichtvolle Frauengestalt und schenkte ihr einen goldenen Ball, den sie in ihr Herz nahm.

Sehr berührt schlenderte sie weiter und stand vor einem Brombeerstrauch. Hier brummte es ordentlich und viele Schmetterlinge flogen herum – überhaupt sah Blaue Feder nach jeder Station einen schönen weißen Schmetterling. Er gab ihr Leichtigkeit und Vertrauen.

An einer Weggabelung spürte sie, die Runde um den See würde rechts weiter gehen. Sie war aber neugierig, was es auf dem Weg den Berg hoch zu entdecken gab. Dort stand eine Bank und von Weitem sah es aus, als würde eine Zwergen-Figur auf der Bank stehen. Doch war es kein Zwerg, sondern eine Tüte Chips und Blaue Feder musste lachen. Es ging wohl um ihr Sucht-Thema. Obwohl sie wusste, der Weg ging rechts weiter, wollte sie mehr. Das musste sie wohl noch lernen und sie lernte es, in dem sie Umwege ging. Manchmal wollte sie Zuviel! Dann war sie erschöpft und brauchte eine Tüte Chips.

Auf der Suche sein, war das Eine, aber es ging immer wieder darum, auch loszulassen und die eigenen Grenzen zu wahren. Also bedankte sie sich für die Lektion, ging wieder zurück und folgte dem Rundweg bis zu einer Stelle, wo der Erdsee gut zu sehen war.

Dort stand eine Bank. Blaue Feder stärkte sich, aß eine Banane, trank etwas Wasser und setzte sich hin zum Meditieren und die Bananenschale lag neben ihr. Wieder wurde alles lebendig um sie herum und irgendetwas fiel von Bäumen. Sie sah ihre gemalten Bilder von ‚Zeiten des Wandels‚ vor ihrem inneren Auge. Was sie gemalt hatte, ihre Bilder von der Seerose bis zu Gaia, das war eingetreten.

(Hier findet Ihr noch einmal die Geschichte zu ihren Bilden.)

Sie war nun selbst ein Teil von Gaia. Sie hatte die Erde für sich entdeckt. Ihr kam dieser Weg um den Erdfall vor, wie eine Einweihung in das Element Erde. Manchmal haben wir in uns etwas erarbeitet, was dann sichtbar wird im Außen. Blaue Feder fühlte sich eins mit der Natur. Auch, wenn sie immer wieder unsicher war und ängstlich, bei jedem Knacken um sich schaute, wusste sie, die Natur achtete auf sie, wie sie auch selbst die Verantwortung für sich trug.

Wieder bekam sie einen goldenen Ball und nahm ihn ins Herz. Der Rundweg um den See war wie ein Lebensrad. Sie war am höchsten Punkt im Norden im Steinbock gegenüber vom Krebs angelangt.

Sie ging weiter und kam zu einem Hindernis. Eine Buche lag quer über den Weg. Sie traute sich nicht darüber zu klettern, weil der Baum am Abhang lag. Lieber ging sie einen Umweg und suchte einen Weg, der sicher war, denn sie war ‚allein‘ im Wald und keiner könnte ihr helfen, wenn sie stürzte. Hier ging es darum, sich selbst eine liebende Mutter zu sein, die eigenen Grenzen zu achten und dafür zu sorgen, dass es ihr gut ging.

Als sie den Umweg ging, entdeckte sie Pflanzen mit acht Blätter. Es war wohl der Waldmeister und sie sah einen Aaronstab. Sie kam zu einem verletzten Baum und streichelte seine Wunde. Wenn sie liebevoll mit sich selbst umging, die eigenen Versehrtheiten achtete, konnte sie es auch mit anderen. Sie hatte das Hindernis überwunden und hatte einen Blick über das weite Feld. So ist es, wenn man ein Hindernis überwunden hat, dann stellt sich wieder Weite ein.

Unten auf dem See bildeten sich schöne grüne Lichtfelder. Dieser See hatte viel mit Heilung zu tun und Blaue Feder bekam ihren vierten Ball.

Ein Stück weiter fand sie eine Feder und sie vermutete es sei eine Grünspecht Feder, weil eine Seite grün schimmerte. Sie ging ein Stück zurück und fand eine zweite Feder und dann noch eine dritte. Drei war eine Gute Zahl und sie war es zufrieden. Aber sie fand dann tatsächlich noch eine vierte, weil vier die Zahl von Mutter Erde war.

Nun war es rund. Blaue Feder bedankte sich vielmals. Sie hatte nicht vermutet, dergleichen hier zu erleben. Der Weg zu den Erdfällen schien eher unscheinbar, aber das hat oft nichts zu sagen. Es gibt wunderbare Orte, die unscheinbar sind. Sie ging am Feldrand entlang zurück und durch die Baumallee auf der Erdfällestraße wieder heim. Den Abend wollte sie in Ruhe ausklingen lassen.

Am Wegesrand stand ein frauengroßen Artemisia Strauch. Sie freute sich, war sie unterwegs einigen Pflanzen begegnet: der Montbretie, der Walnuss, der Eiche, der Weide, der Buche, der Brombeere, dem Mutterkraut, dem Waldmeister und nun noch dem Beifuß, ihrer Verbündete.

Wenn sie Hilfe brauchte, konnte sie um HIlfe bitten. Es war gut Menschen, Pflanzen Bäume, Spirits zu haben, eine wunderbare Familie, die einen unterstützen. Sie nahm drei Zweige Beifuß mit für den morgigen Tag, für eine Wanderung, die sie morgen machen wollte. Dann konnte sie die Zweige in die neuen Schuhen legen. Wir können uns viel Unterstützung in der Natur holen für unseren Weg.

Blaue Feder schaute noch einmal zurück, bedankte sich bei diesem schönen Ort und ging glücklich nach Hause. Nun wollte sie sacken lassen, was sie erlebt hatte, bevor sie am kommenden Tag zu neuen Abenteuern aufbrach. Was morgen war, wusste sie nicht. Vielleicht wachte sie mit einem Traum auf – wer weiß, wer weiß. Sie wusste nur was heute war und das war wunderschön. Sie hatte einen Ausflug nach Shangri-La unternommen und war der Erdseele begegnet. Nun hatte sie vier Federn vom Erdspecht. Sie würde etwas Schönes daraus machen und mit den Federn konnte sie sich immer mit dem Grün des Erdsees verbinden.

Sie wusste nicht, was geschehen war, aber sie fühlte sich erfüllt. Vielleicht war es der Beginn einer großen Liebes-Geschichte.

Die Wege auf Mutter Erde sind schon manchmal sonderbar, schön und zauberhaft.

Blaue Feder hatte gut geschlafen und von einer Banane geträumt – einer Paradies-Feige. Dort wo die Banane lag, gab es eine Einweihung.

Irgendwie war ihre Seele immer sehr darauf bedacht, ihr alles mit Leichtigkeit und Humor nahezubringen. Am Morgen wachte sie in der Früh auf und ein Reiher flog an ihrem Fenster vorbei und sie folgte dem Ruf des Reihers.

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