In die Binsen gehen

Die volle Luna hatte schöne Sonnentage im Gepäck. Als Blaue Feder in die Große Stadt zum Brot-Job fuhr, schaute sie zu, wie der neue Tag geboren wurde.

Sie war nach dem Seminar und dem Vollmond erschöpft oder war es der Saturn, der nun zum zweiten Mal ihren Geburts-Saturn küsste. Sie hatte den Eindruck ihr Geist war wach und ihr Körper müde. Sie wusste noch nicht, wie sie die Beiden in Einklang bringen konnte. Was sie auf dem Seminar erlebt hatte, klang nach und war noch zu jung zum Erzählen.

An ihrem freien Tag freute sie sich wieder hinaus in die Natur gehen können. Wenn etwas in ihr arbeitete, war es die Natur, die ihr half wieder ins Lot zu kommen. Sie hoffte auf einen strahlenden Sonnenaufgang, aber der Tag war verhangen, wie sie selbst. Manchmal half es ihr auch aufzuräumen, um sich zu klären. Ihr Altar schien ihr überfrachtet und so fing sie an, ihn zu lichten und stellte die Karten auf, die sie grade begleiteten.

Dann gagelte sie los und ein paar Schneeglöckchen im Efeu lachten ihr aufmunternd zu.

Regenwolken hingen am Himmel und sahen aus wie eine Windrose. Für einen Moment flogen ihre Schwestern, die Gänse wild durcheinander.

An der BoklandSau saßen wieder die Silberreiher, still, als warteten sie auf etwas. Warteten sie auf Blaue Feder? Sie zählte Sieben an der Zahl.

Blaue Feder stand an einer Wegegabelung und wusste für einen Moment nicht, welchen Weg sie einschlagen wollte, ob sie an die BroklandSau oder ins Moor gehen wollte. Sie entschied sich für das Moor. Wie wohl ihr Tag verlaufen wäre, wäre sie an die BroklandSau gegangen.

Rehe begrüßten sie am Moores Rand, sie tanzte eine Weile mit den Birken und folgte dem Stern der Freude.

Der Stern lockte sie einen Weg entlang der Kuhlen, den die Angler nutzten und deren Ränder sie mit alten Tannenbäumen gesichert hatten. Die Fische hatten gerade Schonzeit und so traf sie hier keine Angler an.

Dafür lachten sie die Binsen an. Sie luden Blaue Feder ein, sich ein paar Stängel zu pflücken. Während sie die wintergrünen Stängel pflückte, fiel ihr ein Spruch ein, der lautete ‚einen Knopf oder einen Knoten an der Binse zu suchen‘. Es bedeutet so viel ‚Schwierigkeiten dort suchen, wo es keine gab‘. Irgendwie beruhigte sie dieser Spruch.

Binsen oder auch Simsen (Juncus) sind Gräser mit starren, runden Blattspreiten. Sie sind unbehaart und kahl. Der Stern der Freude findet sich in ihrem Inneren. Manche sind hohl oder es findet sich ein schwammarteigen Stern-Parenchym in ihnen, welches der Versorgung mit Sauerstoff dient. Die Blütenstände der Binsen nennen sich Spirren. Die Blüten finden sich am Stängelende und wachsen scheinbar aus dem Halm heraus.

Blaue Feder wanderte von Binsenbüschel zu Binsenbüschel. Manchmal erwischte sie einen Stängel, der nicht mitwollte und den ließ sie in Ruhe. Sie nahm nur die, die sich sanft aus der Erde ziehen ließen. Der Regen flog an ihr vorbei, ein wenig kam sogar die Sonne heraus und sie hörte einen sonderbaren Gesang. Das Eis auf den Kuhlen schmolz und an ihren Rändern entstand ein Gesang, der vom Loslassen erzählte. Sie konnte das Geräusch nicht mit ihrer Kamera einfangen, aber es klang, wie sie sich fühlte. Es war eine kleine Anspannung zu spüren, wenn die Wellen auf die Eiskante schlugen, ein leiser Widerstand, bevor sie sich hingab. Es erinnerte sie an das gelesene Buch vom Klang des Eises.

Bald hatte Blaue Feder ein Büschel Binsen gepflückt und ging guter Dinger wieder heim. Sie brühte sich einen schönen Tee auf und flocht erst einmal eine Brigid-Puppe. Ab und an schaute sie gerne die Videos von Terri Conroy. Sie lebt in Connemara in Irland. Einst weilte Blaue Feder in Connemara und fühlte sich dort sehr zuhause.

In diesem Video zeigt Terri, wie Du eine Brigid-Puppe, eine Brideogs flechten kannst. Taiga hatte Freude dabei mitzuflechten.

Sie flocht auch noch ein paar Brigidkreuze. Dann versuchte sie sich an einem Körbchen, aber das ging ein wenig in die Binsen, weil diese zu kurz waren. Es bekam keinen Halt.

Sie wollte einer Freundin ein paar Frühblüher schenken und dachte ein selbst geflochtenes Körbchen wäre schön. Nun, aller Anfang war schwer. Sie war begeistert, was sie aus Naturmaterialien alles herstellen konnte. Auch aus Binsen konnte man Garn herstellen, wenn man die Binsen spaltete und trocknen ließ.

Sie fand auf Instagram eine wunderbare Künstlerin Suzie Grieve, die aus allen möglichen Naturmaterialien Kordeln zum Flechten herstellte, selbst aus Bananenschalen. Blaue Feder schwebten kleine Kunstwerke vor, aber sie war schon beim Korbflechten an ihre Grenzen gestoßen. Auch Garn aus Brennnesseln herzustellen, war schwieriger, als gedacht.

https://www.instagram.com/foragedfibres/

Manchmal probierte sie etwas Neues und es gelang nicht gleich. Blaue Feder blieb dran, weil sie das Thema total spannend fand. Der Ausdruck ‚etwas gehe in die Binsen‘, kam von den Jägern, wenn die Enten sich in den Binsen versteckten und sie leer ausgingen. Insofern war es durchaus etwas Positives, aus der Sicht der Enten.

Im Garten hatte sie ein kleines Brigid-Frühlingsbeet angelegt. Hier hatte einst ihre Weidenfrau gestanden, die aber von den Stürmen mitgenommen worden war. Zwei Weidenzweige hatten Wurzeln gefasst und zeigten ihre ersten Kätzchen. Sie gesellte Brigid zu einem Wal, der auf sie aufpassen konnte. Auch hatte Blaue Feder ihr ein warmes Kleid aus Filz angezogen.

Langsam begann das Gartenjahr wieder. Hier und da zeigten sich ein paar Blümchen, Kräuter und auch die Fee kam immer mal wieder in ihren Garten. Sie erzählte Blaue Feder Geschichten von der Sanft-Mut und zeigte ihr ihre Blume.

5 Kommentare zu „In die Binsen gehen

  1. hallo liebe susanne!
    eine freundin hat mir vor einigen jahren die worte
    eine binsenweisheit
    also eine einfache wahrheit
    mit auf den weg gegeben, damit ich mir den namen dieser pflanzen
    merken kann. hat geklappt 😉

    ansonsten schließe ich mich edith an: wunderbar – worte und fotos!

    have a nice day!
    aljoscha
    .

    Gefällt 1 Person

    1. Lieber Aljoscha, schön von Dir zu hören. Die Binsenweisheit wird ja manchmal etwas abgewertet, nach dem Motto, das weiß doch jeder/r. Mir haben die Binsen eine schöne Lektion erteilt. In den einfachen Dingen liegt meist eine große Wahrheit. Herzensgrüße und ein schönes Wochenende, Susanne

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