Goldenbaum VIII

Blaue Feder ging mit der Schamanin aus ihrem neuen Buch ‚Der Gesang des Eises‘ auf eine Reise. Sie reiste mit ihr an die Kraftorte Grönlands, tauchte mit ihr in die Nordlichter, in den Tanz Großen Ahnen und die Weisheit des Eises. Sie war dankbar, wie sie zu diesem wundbaren Buch geführt wurde und zu jener Frau, die es geschrieben hatte. Bücher können uns eine große Inspiration sein.

Während sie das Buch las, wurde ihr klar, wie sie die Situation bei ihrem Brot-Job an die Energiemuster in ihrer Ursprungsfamile erinnerten. Es gab da Parallelen, wie es auch Parallelen zu ihrer Borreliose-Erkrankung gab. Schamanen versuchen mit ihrem Sein ein Gleichgewicht wieder herzustellen. Blaue Feder hatte ansatzweise eine Fährte zu ihrer Zecken-Medizin gefunden und war dankbar dafür. Die Forscherin in ihr war wieder erwacht. Sie wusste, es gab für jede Krankheit ein Kraut und für jedes Ungleichgewicht vermutlich eine Zeremonie. Auch wenn Blaue Feder beides nicht kannte, ihre Ahnen wussten einen Weg. Es gab noch viel zu lernen und sie hatte gerade erst begonnen.

Sie nahm sich jetzt erst einmal aus der Dynamik heraus und sorgte für ihr inneres Gleichgewicht. Es ging langsam auf die Wintersonnenwende zu und auf die Rauhnächte. Sie würde sich zurücklehnen und in den Tanz der Nordlichter, in den Tanz der Ahnen eintauchen. Sie wusste, sie brauchte grade Nichts zu tun, als zu träumen und zu empfangen.

Vorher wollte sie noch ihre Geschichte zu Ende erzählen, denn auch hier gab es Parallelen und so führte die Reise heute zu einem Menschen, der Bücher geschrieben hatte.

In Ostrohe ging langsam die Sonne auf. Es fühlte sich nach einem schönen und sonnigen Tag an. Brauner Bär und sie wollten heute gemeinsam in die Weisheit des Eises tauchen und ihre vierte Kerze anzünden.

Blaue Feder wünscht Dir einen schönen vierten Advent.

Das Hans-Fallada-Haus

Sie machten sich auf zum Fallada-Haus. Carnitz lag verträumt auf einem Hügel am See. Die Landschaft war hier wunderschön und ähnelte ein wenig der Holsteinischen Schweiz, um den Plöner See herum, nur weniger besiedelt. Einmal verfuhren sie sich und landeten in einer Sackgasse. Sie kamen zu einem Café und beschlossen erst einmal etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Sie bestellten einen Teller mit Fingerfood zum Teilen. Sie stellten sich leckere Tapas vor und bekamen dann undefinierbare Bälle mit dicker Panade. Lecker war das nicht, dafür aber teuer. Sie grinsten sich an und das ältere Ehepaar am Nachbartisch grinste auch – lecker war anders.

Dann gingen sie am See entlang und standen unverhofft direkt vor dem Fallada-Haus. Blaue Feder konnte sich nicht erinnern, je etwas von Fallada gelesen zu haben, aber natürlich kannte sie viele Verfilmungen seiner Bücher. Sie schauten sich das Haus an, seinen Arbeitsplatz, seine Schreibmaschine. Es war ein prachtvolles Anwesen mit einem schönen großen Garten direkt am See, mit einem kleinen Amphitheater. Dieser traumhafte Ort hatte ihn wohl nicht davor bewahrt, seelische Probleme zu haben, war er alkohol- und morphinsüchtig. Er hatte sich schon als junger Mann versucht das Leben zu nehmen. Seine Biographie hatte viele Höhen und Tiefen.

Hans Fallada hatte ein Motto:

Alles in meinen Leben endet in einem Buch. Es muss so sein, es kann nicht anders sein, weil ich der bin, der ich wurde‘.

Irgendwie kam das Blaue Feder bekannt vor. Sie könnte auch aus jeder Geschichte ein Buch machen. Noch träumte sie von ‚echten‘ Büchern, die es im Laden zu kaufen gab. Wer weiß, vielleicht würde sie diesen Traum irgendwann zu Ende träumen.

Der Ausflug in das Leben dieses Schriftstellers hatte sie angeregt. Sie fuhren zurück durch Feldberg, schauten sich das Schwimmbad auf der Halbinsel an und das türkisene Wasser. Dann kauften sie noch für den Abend Pizza-Zutaten ein. Auf dem Heimweg sahen sie ein Schild zum Jagdschloss am Waldsee. Es sollte nur 2 km entfernt ein. Sie bogen ab, aber nahmen wohl die falsche Abbiegung und eine neue Irrfahrt begann. Der Weg wurde mit der Zeit immer schlechter, bis er sich in einen Sandweg verwandelte. Sie fuhren Kilometer um Kilometer und landete in einem Dorf mit dem Namen Waldsee.

Sie fuhren weiter durch eine unwirkliche Landschaft, sahen ein großes Rudel Rehe und Blaue Feder hielt Ausschau nach dem weißen Hirschen, aber er war nicht in diesem Rudel. Gerne hätte sie diesen weißen Hirsch getroffen – doch was nicht war, war nicht.

Plötzlich nach einer Kurve saß ein Schreiadler ganz nah bei ihrem Auto. Allein für diesen majestätischen Anblick hatte sich der große Umweg gelohnt. Sie fuhren noch durch viele Dörfer und kamen an einer alten Mühle vorbei. Letztendlich waren sie im Kreis gefahren und kamen dort wieder heraus, wo sie in den Wald hineingefahren waren.

Zwei Kilometer können ganz schön lang sein. Zwei Kilometer weiter, kam der richtige Abzweig zum Waldsee und sie mussten lachen. So kamen sie doch noch zu dem Jagdschloss am Waldsee. Die Atmosphäre hier war unheimlich. Das Jagdschloss hatte für Blaue Feders Empfinden keine schöne Ausstrahlung. Der Waldsee selbst war glasklar und es gab hier die Badestelle, von der Ranger Roland erzählt hatte. Zwei Damen sprangen in das glasklare Wasser. Sie selbst machten sich auf den Heimweg und fuhren zurück nach Goldenbaum. Hier wartete ein leckerer Pflaumenkuchen auf sie. Blaue Feder las Brauner Bär eine Kinder-Geschichte von Hans Fallada vor – ‚Mäuseken Wackelohr‘ mit zauberhaften Illustrationen von Gerhard Lahr.

Später setzte sie sich auf die Veranda, meditierte eine Weile, die Kirchturmuhr schlug 18 Uhr, ein Vogel knackte Haselnüsse, der Himmel bedeckte sich und sie schrieb das Erlebte in ihr Tagebuch. Es war ein Tag mit Höhen und Tiefen, mit schönen und denkwürdigen Erlebnissen, mit vielen Eindrücken, die nach einem Ausdruck suchten. Doch erst einmal buken sie sich eine Pizza.

4 Kommentare zu „Goldenbaum VIII

  1. So einige Erinnerungen, liebe Susanne, sind auch bei dieser Beschreibung wieder wach geworden… Jagdschlösser… sind auch nicht so meins… 😉
    Das kleine Örtchen Carwitz schon eher… Hmm… und solch leckeres Eis gibt es dort…
    Liebste Grüße zum verschneiten Schwalbenhof und
    alles LIEBE, Elke

    Gefällt 2 Personen

  2. Ich finde derzeit keine adäquaten Worte, aber das muss ich dir doch schreiben: ich bin berührt, wie ähnlich gewisse Dinge verlaufen und beeindruckt von der Anmut, mit der du deine Herausforderungen meisterst. Ich wünsche dir von Herzen gute Besserung und eine zauberhafte, erhellende Reise durch die Raunächte!

    Gefällt 2 Personen

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