Goldenbaum V

Es war Eise kalt im Tal der alten Ullra. Die Eichhörnchen saßen in der kahlen Walnuss und warteten auf ein paar Nüsse. Die Federkleider der Vögel waren dick aufgeplustert. Das Thermometer zeigte einige Minusgrade. Blaue Feder saß mit einem warmen Wegwarten-Tee an ihrem Schreibtisch. Sie hatte sich auf einem Kunsthandwerker-Markt einen aus Eibenholz gedrechselten Füller gegönnt. Nun schrieb sie die Träume der Nacht auf, während die Sonne langsam aufging.

Der Traum von der Wegwarte

In der Nacht wachte sie auf und eine Wegwarten-Elfe tanzte auf ihrer auf ihrer Nase. Sie schaute ihr direkt in die Augen und grinste. Blaue Feder sah dann all die blauen Wegwarten, die das Dorf in ihren Duft hüllten. Sie hatte den Eindruck, die Wegwarten sorgten für die liebevolle Energie, die sie hier umfing.

Am Morgen zog sie los. Wieder waren die beiden Kraniche da und hüllten das Tal in ihren Gesang. Blaue Feder bekam den Impuls eine Wegwarte zu malen. Sie ging los und besorgte sich ein paar Blüten. Sie bereiteten sich auch einen Tee aus Wegwarten-Blüten. Überall auf den Feldern und an den Wegesrändern wuchsen die blauen Weg-Warten. Die blaue Blume erinnerte sie an eine Geschichte, die Maria, die Geschichtenerzählerin an den Drachensteinen erzählt hatte. Sie handelte von einer Jungfrau, deren Liebster in den Krieg gezogen war. Er war gefallen und doch wartete sie Jahr um Jahr am Wegesrand, bis der liebe Gott oder die liebe Göttin, vielleicht auch beide gemeinsam, ein Einsehen hatten, ihr Leid beendeten und sie in eine blaue Blume verwandelten, die uns ein Lächeln auf das Gesicht zaubert, wenn wir sie sehen.

Die Bachblütenessenz der Wegwarte wurde jenen gegeben, die sich gerne viel um andere kümmern und sich in der Selbst-Liebe und Selbst-Genügsamkeit üben dürfen. Brauner Bär und Blaue Feder sprachen öfters über das Thema, sich selbst zu genügen. Brauner Bär war darin wohl mehr geübt als Blaue Feder.

So berührten sie die Blüten sehr, die sich am Morgen gen Osten zur Sonne öffneten, um nur einen Tag zu blühen. Großvater Kneipp soll schon gesagt haben:

Die Wegwarte wartet wirklich jeden Tag auf Dich, um Dich gesund zu machen.‘ 

Blaue Feder kam nicht dazu, die Blüte zu malen, doch wieder daheim würde sie eine getrocknete Wegwarte in ihrem Skizzenbuch finden. Ursprünglich hatte Roland Ranger sie an diesem Tag eingeladen, eine Führung durch den Serrahner Wald zu machen, aber er tauchte nicht auf. So schmiedeten sie neue Pläne und machten sich auf zur Steinmühle. Sie schnappten sich wieder die Fahrräder und fuhren rechts hinterm Grillplatz in den Eichhörnchen Weg mit Kurs auf die Steinmühle. Der Weg war sandig sie rutschten mit ihren Fahrradreifen weg und mussten bald die Räder schieben.

Rechts und links des Weges lachten sie die Schlehen an, mit dicken tiefblauen Früchten. Blaue Feder dachte, sie müsse noch einmal wieder herkommen mit einem Korb und welche pflücken. Sie ließen dann die Fahrräder bei den Schlehen zurück. Eine Eiche und ein alter Findling passten auf die Räder auf. Schlösser gab es nicht und Roland Ranger meinte, es brauche hier keine Schlösser. Ein bisschen mulmig war ihnen schon dabei, die Räder einfach stehen zu lassen, doch übten sie sich im Vertrauen.

2 Kommentare zu „Goldenbaum V

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s