Drachengesänge

Die Tage hatte sich Blaue Feder bei einem Neurographik-Kurs angemeldt. Eine Freundin hatte ihr schon lange davon erzählt. Eigentlich wollte sie nicht schon wieder etwas Neues ausprobieren, aber sie hatte es auf eines ihrer Zettelchen geschrieben. Eben diesen Zettel zog sie glieks als erstes und musste lachen. Vielleicht würde es ihr gut tun. So zeichnete sie ihre allererste Neurographik-Zeichnung. Sie sah ein Auge in der Zeichnung und es war ihr, als würde sie ein uralter Drache anschauen und zu ihr sagen:

Ich sehe Dich!

Blaue Feder führte den Gedanken weiter und sie dachte bei sich, vielleicht war sie selbst die alte Drachin und sah sich selbst. Auf dem Geschichtenhaus-Seminar hatte Cambra die Frage gestellt: Wer ist das unsichtbare Publikum, für das Du Dein Stück spielst – sind es die Eltern, die Freunde, die Spirits, die Götter – wer schaut Dir zu, wenn Du durchs Leben gehst – eine spannende Frage!

Als sie sich nun selbst liebevoll anschaute, als die, die sie war, fiel so einiges von ihr ab. Sie hatte das Gefühl, sie musste garnicht mehr so viel tun. Sie sah sich und sie würde selbst dafür sorgen, dass es ihr wieder gut ging. Wer, denn sie, wusste was ihr gut tat. Die vergangenen Wochen hatte sie viel geweint und sie ließ die Wasser fließen. Sie wünschte sich wieder mehr Leichtigkeit und Einfachheit. Von diesem einfachen Leben erzählte wohl die Moosfrau. Die Moos-Achate klingelten an ihren Ohren und um ihren Hals hing die Moos-Kette. Die Moosfrau in ihr führte sie zurück zu diesem einfachen, naturverbundenen Leben und zurück zur Quelle des Lebens.

Nachdem die Weltenbummler tief in die Bilderwelten der KünstlerInnen getaucht waren, ging es nun in die Höhe. Der Boxberg im Naturpark Aukrug lud sie ein, in schwindelerregende Höhen von 76,8 Metern zu steigen. Der Boxberg verdankt seinen Namen den Buchen, die hier einst den Bergrücken besiedelten. Heute finden sich nur noch vereinzelt ein paar Buchen auf dem ‚BooksBerg‚.

Ein Adler kreiste über dem Berg, als sie den Aufstieg begangen.

Grad sah die Landschaft sehr trocken aus und der Borkenkäfer hatte ordentlich zugeschlagen, aber Blaue Feder konnte ahnen, wie schön es hier war, wenn im Sommer die Besenheide blühte und die Blauebeerfelder voller Blaubeeren hingen.

Die Landschaft erinnerte sie an Wilsede in der Lüneburger Heide.

Kunst gab es hier auch zu bewundern.

Über den Wanderweg Nr. 12 erreichten sie den Gipfel.

Hier gab es eine Bank für Verliebte. Auf der Bank stand ein Plattdeutscher Spruch, der Blaue Feder niescherig machte. Noch wusste sie nicht, was er bedeutet, aber das konnte ja noch kommen.

„Tosam een lütten Ogenblick op disse Bank. Von de Homfelder un uns Nis Puk“

Auch Blaue Feder und Brauner Bär nahmen Platz auf dieser Bank und tauchten ohne es zu wissen in einen Zauber. Sie genossen ’nur‘ den wunderbaren weiten Blick über das Land.

Hier oben stand auch eine alte Kiefer. Der Drachenbaum lud Blaue Feder ein, eine Weile Kraft zu tanken. Dann richtete sie sich auf und wer Ohren hatte zu hören, konnte eine alte Drachen-Frau ihr Lied singen hören. Ihr Lied hallte über das Land und sie breitete ihre Flügel aus und wer Augen hatte zum Sehen, der konnte Blaue Feder und Brauner Bär heimfliegen sehen.

Andere kullerten den Berg hinunter, der im Winter gerne zum Rodeln genutzt wird.

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