Ein bunter Neumonds-Faden

Sie waren zurück aus dem Fischland mit vielen bunten Eindrücken im Gepäck.

Am Morgen machte sie einen Neumonds-Spaziergang. Eine Amsel freute sich über einen frischen Apfel. Auch die Katzen waren froh, dass die Urlauber wieder da waren und die Matrjoschkas tanzten im Kreis.

Blaue Feder hatte gut im eigenen Bett geschlafen; doch hatte sie in dem Blauen Haus unter der Linde am Bodden auf dem Darß auch gut geschlafen. Die Sonne war schon aufgegangen und es lag Nebel über dem Dorf.

Nun war der Altweibersommer im vollem Gange. Die Spinnen ‚weiben‘ das Zaubergarn. Sie weben wie wir den Faden Runde um Runde. Jedes ihrer Netze ist einzigartig, so wie auch unsere Lebengespinste einzigartig sind. Wir gehen den gleichen Weg, doch jede und jeder auf ihre und seine Weise ganz nach unseren Veranlagungen. Grad hatte sie auf einem Video ihre Großnichte Eva aus Irland ein Lied singen hören und war sehr berührt von ihrer kraftvollen und wunderschönen Stimme. Da war ihr ein schönes Geschenk in die Wiege gelegt worden. Das Lied klang in ihr nach.

Überall hingen heute seidene Mandalas mit Tautropfen überzogen, eines schöner als das andere.

Blaue Feder ging ihre Runde und begrüßte das Land. Es gab jetzt überall neue Namensschilder für die Wege. Sie fragte sich, was ‚Grasbüten‘ wohl bedeutet? Sie hatte den Wegen andere Namen gegeben, aber sie freute sich über die schönen grünen Schilder.

Sie begrüßte die Hochlandrinder und den stattlichen neuen Bullen.

Sie ging ins Moor und traf den Mann, der die Müllkörbe leert. Er war genauso vom Moor begeistert wie sie. Er erzählte ihr, wenn er nicht schlafen konnte, er oft schon morgens um vier ins Moor ging. Das würde ihn beruhigen. Das ging Blaue Feder genauso. Er fragte, ob sie schon schöne Motive gefunden. – Ja, das hatte sie! – Ein Lächeln huschte von Gesicht zu Gesicht.

Sie traf eine Schnecke, die sagte ‚Walk in Beauty‚. Das war wohl ihr Ding – immer mal wieder die Schönheit der Natur zu zeigen. Sie trug das Land in ihrem Herzen. Die Natur schenkt uns ihre überirdische Schönheit, in der wir Heilung finden können und wir schenken dem Land unsere Liebe und unsere Achtsamkeit – so ist es ein Geben und Nehmen.

Blaue Feder kam zum Großen Mondsee. Sie hörte schon wie das Leben um sie herum erwachte. Wenn die Nebelfrau über das Land zieht, sind alle Geräusche drumherum lauter.

Die Nebelfrau erzählte mal wieder Geschichten von Avalon, der Apfelinsel. Blaue Feder hatte mal wieder nasse Füße und entschied sich heim zu gehen. Auf dem Heimweg sammelte sie den Müll auf, der nicht seinen Weg in die Körbe gefunden hatte.

Sie bewunderte die filigranen Bauwerke im Weißdorn wie auf der Brenn-Nesselwiese.

Der Apfelbaum am Ortseingang trug viele Äpfel – vielleicht Iduns Äpfel der Unsterblichkeit. Die Amseln wissen schon, warum sie Äpfel so sehr lieben.

Eine Spinne hing in der Mitte ihres Netztes über einer Lebensbaum-Hecke. Sie zeigte ihr, wie sie in ihrem eigenen Zentrum ruhen konnte. In der Hecke entdeckte Blaue Feder einen Faden. Sie zog ihn heraus und sah, es war ein bunter Faden.

Sie steckte den Faden in ihre Tasche. Es lag an ihr, ob sie den Faden weiterspinnen würde. Sie war schon ein bisschen neugierig, wo sie der neue Faden hinführen könnte. Sie besuchte ihre Freundin ‚Ayla‘, die alte Dorfeiche, setzte sich zu ihr und schaute sich den neuen Faden an. Er lag weich und sanft in ihrer Hand. Ihr gefielen die Farben, die wie bei einem Regenbogen ineinander übergingen. Er erinnerte sie, wie bei der Ausstellung die Wollsammlerin vorgelesen hatte. Das war eine schöne Erinnerung.

Die Wollsammlerin

Als sie heim kam, lag die Lütte draußen auf’m Stuhl und schlief friedlich.

7 Kommentare zu „Ein bunter Neumonds-Faden

  1. Schön, wie Blaue Feder der Natur zuhört und wahrnimmt.
    Schön, dich zu lesen und zu hören.
    Lass den Urlaub noch gut nachwirken und ich weiß, du siehst das Schöne auch vor Ort. Deine Zeilen und Bilder zeigen es.

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    1. Ja, liebe Marion, es klingt noch nach. War schön auf dem Darß. Wir haben das Fischland mit dem Fahrrad erkundet. Das hat gut getan. Noch haben wir Urlaub – doch auf dem Schwalbenhof lachen uns ständig irgendwelche Sachen an, wie heute zwei Raummeter Holz, die aufgestapelt werden wollten. Deshalb fahre ich gerne mal eine Woche woanders hin. Ansonsten bräuchten wir eigentlich nirgends anders hinfahren, denn schon ist es hier allemal. Hattest Du schön Urlaub? Liebe Grüße, Susanne

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      1. Das ist wunderbar, das Zuhause so zu lieben und sich immer mal von Woanders inspirieren zu lassen.
        Ja, unsere Sommerwochen waren wohltuend schön. Jetzt gerade sind wir noch ein paar Tage auf dem Jakobsweg in Frankreich und genießen es. Liebe Grüße, Marion

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      2. Oh, wie wunderbar, dann wünsche ich Dir noch schöne Tage stiller Einkehr.- Hier oben im Norden gibt es auch einen Jakobsweg. Der ist vermutlich nicht ganz so schön wie im Süden- käme auf einen Versuch an. Liebe Grüße, Susanne

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      3. Dankeschön.
        Wir habe vor vielen Jahren mit dem Jakobsweg vor der Haustüre begonnen. Auch die heimischen Wege fand ich klasse und viele Etappen kannte ich zuvor nicht. Insofern glaube ich, dass es sicherlich ein Versuch wert ist 🙂

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